Die Evangelische Schule Berlin Zentrum (ESBZ): Ein zukunftsweisendes Bildungsmodell
Eine Schule der Zukunft
Stell Dir eine Schule vor, in der Kinder nicht nur Wissen einstudieren, sondern aktiv gestalten. Eine Schule, in der Verantwortung übernehmen, kritisches Denken und Gemeinschaftssinn keine leeren Phrasen sind, sondern täglich gelebt werden. Eine Schule, die mutig neue Wege geht und dabei das Kind in den Mittelpunkt stellt. Genau das ist die Evangelische Schule Berlin Zentrum (ESBZ).
Die ESBZ ist mehr als nur eine alternative Bildungseinrichtung – sie ist ein Zukunftslabor für eine Bildung, die junge Menschen zu mündigen, verantwortungsbewussten und weltoffenen Bürgern befähigt. In einer Zeit, in der unser traditionelles Bildungssystem zunehmend an seine Grenzen stößt, zeigt die ESBZ, wie Schule anders gedacht werden kann: nicht als Ort der Belehrung, sondern als „Haus des Lernens“, in dem alle willkommen sind und gemeinsam wachsen können.
In diesem umfassenden Artikel tauchen wir ein in die Welt der Evangelischen Schule Berlin Zentrum. Wir beleuchten ihr innovatives pädagogisches Konzept, ihre besonderen Lernformate und die Werte, die diese Schule so einzigartig machen. Dabei werden wir nicht nur die Theorie betrachten, sondern auch die gelebte Praxis – erzählt aus der Perspektive von Schülern, Lehrkräften und Bildungsexperten.
Geschichte und Entwicklung der ESBZ
Die Geschichte der Evangelischen Schule Berlin Zentrum beginnt im Jahr 2007, als sie als weiterführende Schule gegründet wurde. Sie entstand in enger Verbindung mit der bereits 2001 gegründeten Evangelischen Schule Berlin Mitte (ESBM), einer Grundschule, die aus einer Elterninitiative hervorgegangen war. Beide Schulen bilden zusammen eine Gemeinschaftsschule unter der Trägerschaft der Evangelischen Schulstiftung in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).
Die ESBZ wurde von Beginn an als dreizügige Oberschule mit gymnasialer Oberstufe konzipiert und verfolgte einen reformpädagogischen Ansatz. Besonders prägend für die Entwicklung der Schule war die Vision, ein Bildungsmodell zu schaffen, das junge Menschen zu mündigen, zukunftsfähigen und verantwortlichen Weltbürgern befähigt.
Seit ihrer Gründung hat sich die ESBZ zu einer der bekanntesten Reformschulen Deutschlands entwickelt. Sie hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten und gilt als Vorbild für innovative Schulentwicklung. Viele ihrer pädagogischen Konzepte und Lernformate wurden inzwischen von anderen Schulen übernommen.
Die ESBZ befindet sich im Berliner Bezirk Mitte an der Wallstraße 32, während die Grundschule ESBM an der Rochstraße 7 angesiedelt ist. Trotz der räumlichen Trennung verstehen sich beide Einrichtungen als eine Gemeinschaftsschule mit durchgängigem pädagogischen Konzept.
Heute besuchen rund 645 Schüler die Jahrgangsstufen 7-13 der ESBZ, während die Grundschule ESBM etwa 300 Kinder der Jahrgangsstufen 1-6 umfasst. Die Schule hat sich über die Jahre hinweg kontinuierlich weiterentwickelt, ohne dabei ihre Grundprinzipien aus den Augen zu verlieren: Mut, protestantische Werte und Weltoffenheit.
Das pädagogische Konzept
Leitbild und Vision
Das Leitbild der Evangelischen Schule Berlin Zentrum lässt sich in ihrem Slogan zusammenfassen: „mutig – protestantisch – weltoffen“. Diese drei Werte bilden das Fundament für die pädagogische Arbeit und die Schulkultur.
Die Vision der ESBZ ist es, Schüler zu „mündigen, zukunftsfähigen und verantwortlichen Welt-Bürger im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung zu befähigen“. Diese Vision greift tief in das Selbstverständnis der Schule ein und prägt alle Aspekte des Schullebens.
Aus dem Schulprogramm zur Gründung 2007 stammt folgendes Bekenntnis, das bis heute Gültigkeit hat:
„Wir wollen, dass in unserem ‚Haus des Lernens‘ ein Geist der Offenheit und des gegenseitigen Vertrauens lebt, der Kooperation und Kritik ermöglicht. Wir wollen uns in Achtsamkeit und Ehrfurcht für Gerechtigkeit, Frieden und für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen und an der Verständigung der Kulturen und den grundlegenden ethischen Werten fächerübergreifend und weltoffen gemeinsam arbeiten.“
Die ESBZ versteht sich als ein „Haus des Lernens“, in dem alle willkommen sind – unabhängig von Herkunft, Begabungen oder Handicaps. Die Schule sieht in der Vielfalt eine Bereicherung und eine Chance, das „Zusammenleben-Lernen“ als eine zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts praktisch zu erfahren.
Ein weiteres zentrales Element des Leitbildes ist die Übernahme von Verantwortung – sowohl innerhalb der Schule als auch im Gemeinwesen. Die Schüler sollen „Mut und Freude entwickeln, verantwortliches Handeln zu lernen“.
Musterbrüche im Bildungssystem
Ein charakteristisches Merkmal der ESBZ ist ihr Mut, mit traditionellen Bildungsmustern zu brechen. Diese „Musterbrüche“ sind bewusste Entscheidungen, um neue Wege in der Bildung zu gehen und innovative Lösungen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu finden.
Die ESBZ hat mehrere bedeutende Musterbrüche vollzogen:
- Schulform: Statt der in Deutschland üblichen Separation von Schülern nach der Grundschule hat die ESBZ eine durchgängige Gemeinschaftsschule geschaffen, die alle Bildungswege ermöglicht.
- Leistungsrückmeldung: Die ESBZ hat die traditionellen Ziffernnoten durch differenzierte, kompetenzorientierte Rückmeldungen ersetzt, die den individuellen Lernprozess besser abbilden können.
- Stundenplan: Statt des klassischen 45-Minuten-Takts und Fächerkanons hat die ESBZ neue Lernformate entwickelt, die fächerübergreifendes, projektorientiertes und selbstorganisiertes Lernen ermöglichen.
- Jahrgangsmischung: In allen Jahrgängen lernen Schülerinnen und Schüler unterschiedlichen Alters gemeinsam, was zu einer stärkeren Identitätsentwicklung beiträgt und differenziertes Lernen fördert.
- Sinnstiftung: Die ESBZ legt großen Wert darauf, dass Lernen für die Schüler sinnhaft und bedeutsam ist, anstatt abstrakt und lebensfern zu bleiben.
Diese Musterbrüche halten die Schule in einer ständigen Dynamik der Innovation und Weiterentwicklung. Sie sind nicht Selbstzweck, sondern dienen dem übergeordneten Ziel, eine Bildung zu ermöglichen, die junge Menschen optimal auf die Herausforderungen einer komplexen, sich schnell wandelnden Welt vorbereitet.
Evangelisches Profil
Als evangelische Schule ist die ESBZ für Kinder und Jugendliche aller Konfessionen und Religionen offen. Dennoch spielt das evangelische Profil eine wichtige Rolle im Schulalltag und in der pädagogischen Ausrichtung.
Das Fach Evangelische Religion wird als ordentliches Lehrfach mit zwei Wochenstunden unterrichtet. Darüber hinaus besuchen die Schüler wöchentlich einen Schulgottesdienst in der Evangelischen Marienkirche am Alexanderplatz. Feste des Kirchenjahres werden gemeinsam gestaltet und gefeiert, wobei die Schule mit den evangelischen Kirchengemeinden Am Weinberg und St. Petri/St. Marien kooperiert.
Das evangelische Profil zeigt sich auch in den Werten, die das Schulleben prägen: Verantwortung für sich selbst, für andere und für die Schöpfung; Respekt vor der Würde jedes Menschen; Offenheit für Dialog und Verständigung; sowie ein Verständnis von Bildung, das über reines Wissen hinausgeht und die Entwicklung der ganzen Persönlichkeit im Blick hat.
Die ESBZ versteht sich als „Beispiel einer christlichen Gemeinschaft“, ohne dabei dogmatisch oder ausgrenzend zu sein. Der protestantische Geist zeigt sich vielmehr in der Ermutigung zu eigenständigem Denken, zur kritischen Auseinandersetzung mit Traditionen und zur Übernahme von Verantwortung für die Gestaltung der Welt.
Innovative Lernformate
Die ESBZ hat eine Vielzahl innovativer Lernformate entwickelt, die das traditionelle Unterrichtsmodell ergänzen oder ersetzen. Diese Formate sind darauf ausgerichtet, selbstständiges, kooperatives und fächerübergreifendes Lernen zu fördern und den Schülern mehr Eigenverantwortung für ihren Lernprozess zu ermöglichen.
Lernbüros
Die Lernbüros sind ein zentrales Element des Unterrichtskonzepts der ESBZ. Sie ersetzen den klassischen Fachunterricht in den Kernfächern Deutsch, Mathematik, Englisch, Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften.
In den Lernbüros arbeiten die Schüler selbstständig an vorbereiteten Materialien, ähnlich wie in Montessori-Klassen. Der Lernstoff ist so aufbereitet, dass er ohne direkte Anleitung durch eine Lehrkraft verstanden und bearbeitet werden kann. Die Schüler können in ihrem eigenen Tempo arbeiten und selbst entscheiden, wann sie welches Thema bearbeiten möchten.
Die Lehrkräfte in den Lernbüros nehmen eine beratende und unterstützende Rolle ein. Sie begleiten die Lernprozesse, geben individuelle Hilfestellungen und führen regelmäßige Lernberatungsgespräche mit den Schülern. Dabei geht es nicht nur um fachliche Fragen, sondern auch um die Entwicklung von Lernstrategien und die Reflexion des eigenen Lernverhaltens.
Ein besonderes Merkmal der Lernbüros ist die jahrgangsübergreifende Zusammensetzung. Schüler verschiedener Altersstufen arbeiten gemeinsam in einem Raum, was gegenseitige Hilfe und Peer-Learning fördert. Die älteren Schüler können ihr Wissen an die jüngeren weitergeben und dabei selbst ihr Verständnis vertiefen.
Die Lernbüros sind so gestaltet, dass sie verschiedene Persönlichkeitstypen und Arbeitsweisen unterstützen. Es gibt Bereiche für stille Einzelarbeit, Zonen für Gruppenarbeit und Möglichkeiten für Präsentationen und Diskussionen. Die Räume sind mit vielfältigen Lernmaterialien, Nachschlagewerken und digitalen Medien ausgestattet.
Der Fortschritt in den Lernbüros wird nicht durch Noten, sondern durch differenzierte Rückmeldungen dokumentiert. Die Schüler führen Lerntagebücher oder Portfolios, in denen sie ihre Arbeit reflektieren und ihren Lernweg dokumentieren.
Projektarbeit
Die Projektarbeit ist ein weiteres zentrales Element des pädagogischen Konzepts der ESBZ. In fächerübergreifenden Projekten arbeiten die Schüler an komplexen, lebensweltnahen Themen und entwickeln dabei nicht nur fachliche, sondern auch methodische, soziale und personale Kompetenzen.
Die Projekte orientieren sich an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und greifen aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen auf. Sie bieten den Schülern die Möglichkeit, sich mit realen Problemen auseinanderzusetzen und eigene Lösungsansätze zu entwickeln.
Ein besonderes Format der Projektarbeit ist die „Lernexpedition“ in der Oberstufe. Hier wählen die Schüler ein Thema, das sie besonders interessiert, und erarbeiten es über einen längeren Zeitraum hinweg selbstständig. Die Themen können dabei sehr vielfältig sein – von einer Porträtserie über obdachlose Frauen über Küchenchemie bis hin zur Entwicklung eines Helfer-Guides für Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe.
Ein weiteres innovatives Projektformat ist der „Pulsar“. In Pulsaren erforschen die Schüler der Jahrgänge 10 bis 13 komplexe Zusammenhänge und nähern sich curricularen Inhalten fächerübergreifend an. Ein Pulsar verbindet bis zu vier Fächer unter einem gemeinsamen Thema und ermöglicht so ein vernetztes, sinnstiftendes Lernen.
Die Projektarbeit an der ESBZ zeichnet sich durch eine bewusste Fehlerkultur aus. Die Schüler werden ermutigt, ambitionierte Themen anzugehen, auch wenn dabei die Möglichkeit des Scheiterns besteht. Diese Herangehensweise bietet die Chance, dass die Jugendlichen angstfrei an sich selbst wachsen, ihr Zeit- und Selbstmanagement kennenlernen und sich im Lernen besser wahrnehmen.
Das Fach „Verantwortung“
Eine Besonderheit der ESBZ ist das Fach „Verantwortung“, das fest im Stundenplan verankert ist. Im „Projekt Verantwortung“ engagieren sich die Schüler der Mittelstufe zwei Schulstunden pro Woche im Umfeld der Schule sozial, ökologisch oder politisch.
Die Jugendlichen wählen selbst, wo und wie sie sich engagieren möchten. Sie können aus bestehenden Angeboten wählen oder eigene Projekte initiieren. Mögliche Einsatzorte sind beispielsweise Kindergärten, Seniorenheime, Flüchtlingsunterkünfte, Umweltschutzprojekte oder politische Initiativen.
Das Fach „Verantwortung“ zielt darauf ab, den Schülern zu ermöglichen, Verantwortung für sich selbst, für andere und für die Welt zu übernehmen. Sie sollen lernen, dass sie durch ihr Handeln etwas bewirken können und dass gesellschaftliches Engagement wichtig und sinnstiftend ist.
Die Erfahrungen im Fach „Verantwortung“ werden regelmäßig reflektiert, sowohl individuell als auch in der Gruppe. Die Schüler berichten über ihre Tätigkeiten, diskutieren Herausforderungen und Erfolge und setzen sich mit ethischen Fragen auseinander.
Das Fach „Verantwortung“ ist ein Beispiel dafür, wie die ESBZ Bildung ganzheitlich versteht und neben kognitiven auch soziale und emotionale Kompetenzen fördert. Es trägt dazu bei, dass die Schüler zu mündigen, verantwortungsbewussten Bürgern heranwachsen.
Die „Herausforderung“
Die „Herausforderung“ ist ein besonders innovatives Lernformat der ESBZ, das bei den Schülern sehr beliebt ist. Am Ende des Schuljahres begeben sich die Jugendlichen der Jahrgänge 7 bis 9 für drei Wochen auf ein Lernabenteuer der besonderen Art.
Mit nur 150 Euro in der Tasche sind die Schüler in kleinen Gruppen unterwegs, meist mit dem Fahrrad, einem Kanu oder zu Fuß. Sie unterstützen soziale oder ökologische Projekte, arbeiten auf Bauernhöfen, sind in Klöstern oder ernten Weintrauben. Die Jugendlichen planen ihre Reise selbstständig, organisieren Unterkünfte, kümmern sich um die Verpflegung und bewältigen gemeinsam die Herausforderungen, die ihnen begegnen.
Die „Herausforderung“ zielt darauf ab, die Schüler aus ihrer Komfortzone herauszuholen und sie mit Situationen zu konfrontieren, die sie zum Wachsen bringen. Sie sollen lernen, mit Unsicherheiten umzugehen, Probleme zu lösen und als Team zusammenzuarbeiten. Dabei geht es nicht um Leistung im herkömmlichen Sinne, sondern um persönliche Entwicklung und Selbstwirksamkeitserfahrungen.
Die „Herausforderung“ ist ein Beispiel dafür, wie die ESBZ Lernen als ganzheitlichen Prozess versteht, der weit über den Erwerb von Fachwissen hinausgeht. Sie ermöglicht den Schülern, ihre Grenzen zu erfahren und zu erweitern, Verantwortung zu übernehmen und Selbstvertrauen zu entwickeln.
Nach der Rückkehr reflektieren die Schüler ihre Erfahrungen und präsentieren sie der Schulgemeinschaft. Diese Reflexion ist ein wichtiger Teil des Lernprozesses, denn sie hilft den Jugendlichen, ihre Erlebnisse einzuordnen und daraus für ihr weiteres Leben zu lernen.
Gemeinschaft und Beziehungskultur
Tutorensystem
Ein zentrales Element der Beziehungskultur an der ESBZ ist das Tutorensystem. Jeder Schüler wird von einem Tutor durch das Schulleben begleitet. Die Tutoren sind Lehrkräfte, die eine besondere Verantwortung für eine Gruppe von Schülern übernehmen.
Die Tutoren führen regelmäßige Gespräche mit ihren Tutanden, begleiten deren Lernprozess, geben Feedback und unterstützen bei Problemen. Sie sind Ansprechpartner sowohl für die Schüler als auch für deren Eltern und vermitteln bei Konflikten.
Das Tutorensystem trägt dazu bei, dass jeder Schüler als Individuum wahrgenommen wird und eine persönliche Begleitung erhält. Es schafft Vertrauen und Sicherheit und ermöglicht eine individuelle Förderung, die auf die Bedürfnisse und Potenziale des einzelnen Kindes abgestimmt ist.
Die Tutoren treffen sich regelmäßig in Tutoriumsgruppen, um sich auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und gemeinsam Lösungen für Herausforderungen zu entwickeln. Diese kollegiale Beratung stärkt die professionelle Gemeinschaft der Lehrkräfte und trägt zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit bei.
Das Tutorensystem ist ein Beispiel dafür, wie die ESBZ Beziehungen als Grundlage für gelingendes Lernen versteht. Es zeigt, dass die Schule nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler begleiten und unterstützen will.
Demokratische Strukturen
Die ESBZ legt großen Wert auf demokratische Strukturen und die Beteiligung aller am Schulleben. Die Schüler sollen lernen, Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen und demokratische Prozesse aktiv mitzugestalten. Ein wichtiges Element ist hierbei der Klassenrat, der regelmäßig in allen Klassen stattfindet. Hier besprechen die Schüler Anliegen, Probleme und Ideen, treffen gemeinsame Entscheidungen und lösen Konflikte. Der Klassenrat wird von den Schülern selbst geleitet und folgt klaren Regeln und Strukturen.
Neben dem Klassenrat gibt es weitere demokratische Gremien wie die Schulversammlung, in der Vertreter aller Klassen zusammenkommen, um schulweite Themen zu besprechen und Entscheidungen zu treffen. Auch hier übernehmen die Schüler Verantwortung für die Moderation und Gestaltung.
Die demokratischen Strukturen an der ESBZ sind nicht nur formale Beteiligungsmöglichkeiten, sondern werden im Schulalltag gelebt. Die Schüler erfahren, dass ihre Stimme zählt und dass sie die Schulgemeinschaft aktiv mitgestalten können. Sie lernen, ihre Meinung zu äußern, anderen zuzuhören, Kompromisse zu finden und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Die Schulkultur der ESBZ trägt dazu bei, dass die Schüler zu mündigen Bürgern heranwachsen, die sich in einer demokratischen Gesellschaft engagieren und Verantwortung übernehmen können.
Inklusion und Vielfalt
Die ESBZ versteht sich als ein „Haus des Lernens“, in dem alle willkommen sind – unabhängig von Herkunft, Begabungen oder Handicaps. Die Schule sieht in der Vielfalt eine Bereicherung und eine Chance, das „Zusammenleben-Lernen“ als eine zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts praktisch zu erfahren.
In der Praxis bedeutet Inklusion an der ESBZ, dass Schüler mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen gemeinsam lernen. Die Lernformate und -materialien sind so gestaltet, dass sie verschiedene Zugänge ermöglichen und unterschiedliche Lernwege zulassen. Differenzierung und individuelle Förderung sind selbstverständliche Elemente des Unterrichts.
Die ESBZ arbeitet mit multiprofessionellen Teams, in denen Lehrkräfte, Sonderpädagogen, Sozialarbeitern sowie weitere Fachkräfte zusammenarbeiten, um die Schüler bestmöglich zu unterstützen. Auch Eltern werden als wichtige Partner in den Bildungs- und Erziehungsprozess einbezogen.
Die inklusive Schulkultur der ESBZ zeigt sich auch in der Wertschätzung kultureller Vielfalt. Die Schule fördert interkulturelles Lernen und den Dialog zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen. Sie versteht sich als weltoffene Gemeinschaft, die Verständigung und Respekt über Grenzen hinweg ermöglicht.
Leistungsbewertung und Feedback
Jenseits der Ziffernnoten
Ein markanter Musterbruch der ESBZ ist der Verzicht auf traditionelle Ziffernnoten bis zur 9. Klasse. Stattdessen erhalten die Schüler differenzierte, kompetenzorientierte Rückmeldungen, die ihren individuellen Lernprozess besser abbilden können.
Die ESBZ hat ein eigenes System der Leistungsrückmeldung entwickelt, das auf Dialog und Reflexion basiert. Regelmäßige Ziel- und Bilanzgespräche zwischen Schülern, Lehrkräften und Eltern sind ein wichtiger Bestandteil dieses Systems. In diesen Gesprächen werden Lernfortschritte besprochen, neue Ziele vereinbart und Unterstützungsmöglichkeiten identifiziert.
Kompetenzorientierte Rückmeldungen
Die ESBZ hat ein differenziertes System der Leistungsrückmeldung entwickelt, das weit über die traditionelle Notenvergabe hinausgeht. Statt einer reinen Bewertung von Ergebnissen steht die Entwicklung von Kompetenzen im Mittelpunkt.
Die kompetenzorientierten Rückmeldungen basieren auf klar definierten Kompetenzrastern, die für die verschiedenen Fächer und Lernbereiche entwickelt wurden. Diese Raster beschreiben detailliert, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten die Schüler auf verschiedenen Niveaustufen erwerben sollen. Sie dienen sowohl den Lehrkräften als auch den Schülern als Orientierung und Planungshilfe.
Ein wichtiges Element der kompetenzorientierten Rückmeldung sind die regelmäßigen Coaching-Gespräche zwischen Tutoren und Schülern. Diese finden in der Regel alle zwei Wochen statt und bieten Raum für eine tiefgehende Reflexion des Lernprozesses. Die Schüler werden ermutigt, ihre Stärken und Entwicklungspotenziale selbst zu erkennen und Verantwortung für ihren Lernweg zu übernehmen.
Die schriftlichen Rückmeldungen erfolgen in Form von ausführlichen Lernberichten, die nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch methodische, soziale und personale Kompetenzen berücksichtigen. Diese Berichte geben ein differenziertes Bild vom Lernstand und den Fortschritten der Schüler und enthalten konkrete Hinweise für die weitere Entwicklung.
Ein besonderes Merkmal des Rückmeldesystems der ESBZ ist die Abkehr vom Vergleich zwischen den Schülern. Es gibt keine Notenspiegel oder Rankings, die zu Konkurrenzdenken führen könnten. Stattdessen wird jeder Schüler in seiner individuellen Entwicklung wahrgenommen und begleitet. Dies schafft eine angstfreie Lernumgebung, in der die Schüler sich gegenseitig unterstützen und voneinander lernen können.
Aus schulrechtlichen Gründen muss die ESBZ ab Jahrgang 9 Ziffernnoten vergeben. Dennoch bleibt das differenzierte Rückmeldesystem ein wichtiger Bestandteil der Schulkultur und wird durch die Noten lediglich ergänzt, nicht ersetzt.
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die 17 Nachhaltigkeitsziele als Orientierung
Die ESBZ hat die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) als Orientierungsrahmen für ihre pädagogische Arbeit gewählt. Diese Ziele, die im Rahmen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung formuliert wurden, umfassen ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte der Nachhaltigkeit und bieten einen ganzheitlichen Ansatz für die Gestaltung einer zukunftsfähigen Welt.
Die Integration der Nachhaltigkeitsziele in den Schulalltag erfolgt auf verschiedenen Ebenen. Zum einen werden sie in den Lehrplan eingebettet und in den verschiedenen Fächern und Lernformaten thematisiert. Zum anderen dienen sie als Rahmen für Projekte und Aktivitäten, die über den regulären Unterricht hinausgehen.
Die ESBZ legt besonderen Wert darauf, dass die Auseinandersetzung mit den Nachhaltigkeitszielen nicht nur auf theoretischer Ebene stattfindet, sondern auch praktische Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Die Schüler werden ermutigt, selbst aktiv zu werden und Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung zu übernehmen.
Globales Lernen
Das Konzept des Globalen Lernens ist ein wichtiger Bestandteil der Bildung für nachhaltige Entwicklung an der ESBZ. Es zielt darauf ab, den Schülern ein Verständnis für globale Zusammenhänge und Abhängigkeiten zu vermitteln und sie zu befähigen, in einer zunehmend vernetzten Welt verantwortungsvoll zu handeln.
Ein besonderes Format des Globalen Lernens an der ESBZ ist das Programm „Alle ins Ausland“ (AiA) in der 11. Klasse. Die Schüler verbringen drei Monate im Ausland, wo sie in sozialen, ökologischen oder kulturellen Projekten mitarbeiten. Diese Erfahrung ermöglicht ihnen, andere Kulturen und Lebensweisen kennenzulernen, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und ihre interkulturelle Kompetenz zu entwickeln.
Die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Auslandsaufenthalts wird von speziell ausgebildeten AiA-Koordinatorinnen und ehrenamtlichen Elterncoaches begleitet. Nach ihrer Rückkehr reflektieren die Schüler ihre Erfahrungen in Reflexionstagen und teilen sie mit der Schulgemeinschaft, um auch andere von ihren Erlebnissen profitieren zu lassen.
Schulorganisation und Struktur
Jahrgangsübergreifendes Lernen
Ein zentrales Organisationsprinzip der ESBZ ist das jahrgangsübergreifende Lernen. In allen Jahrgangsstufen bis zur 10. Klasse lernen Schüler verschiedener Altersstufen gemeinsam, was zu einer stärkeren Identitätsentwicklung beiträgt und differenziertes Lernen fördert.
In der Mittelstufe (Jahrgänge 7-9) sind die Lerngruppen jahrgangsübergreifend zusammengesetzt. Dies bedeutet, dass Schüler im Alter von 12 bis 15 Jahren gemeinsam lernen. Diese Altersmischung bietet zahlreiche Vorteile: Die jüngeren Schüler können von den älteren lernen, während die älteren durch das Erklären und Unterstützen ihr eigenes Verständnis vertiefen.
Das jahrgangsübergreifende Lernen fördert soziale Kompetenzen wie Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme und Verantwortungsbewusstsein. Die Schüler erleben sich in verschiedenen Rollen – mal als Lernende, mal als Lehrende – und entwickeln ein Verständnis für unterschiedliche Perspektiven und Bedürfnisse.
Die ESBZ hat verschiedene Strukturen und Formate entwickelt, um das jahrgangsübergreifende Lernen zu unterstützen. In den Lernbüros arbeiten die Schüler an individuellen Lernplänen, die ihrem jeweiligen Entwicklungsstand entsprechen. In den Projekten und Werkstätten können sie ihre unterschiedlichen Fähigkeiten und Interessen einbringen und voneinander profitieren.
Das jahrgangsübergreifende Lernen trägt dazu bei, dass die ESBZ eine inklusive Lerngemeinschaft ist, in der Vielfalt als Bereicherung erlebt wird und jede Schülerin und jeder Schüler seinen Platz findet.
Tagesrhythmus und Stundenplan
Der Tagesrhythmus und der Stundenplan der ESBZ sind so gestaltet, dass sie den Bedürfnissen der Schüler gerecht werden und verschiedene Formen des Lernens ermöglichen. Sie bieten eine ausgewogene Mischung aus strukturierten und offenen Lernphasen, aus individueller Arbeit und gemeinschaftlichen Aktivitäten.
Der Schultag an der ESBZ beginnt in der Regel um 8:30 Uhr und endet um 16:00 Uhr. Er ist in verschiedene Phasen gegliedert, die unterschiedliche Lernformate und -aktivitäten umfassen. Der Morgen beginnt oft mit einem gemeinsamen Start in der Tutorengruppe, bei dem der Tag besprochen und geplant wird. Anschließend folgen Phasen in den Lernbüros, in denen die Schüler selbstständig an ihren individuellen Lernplänen arbeiten.
Nach einer Mittagspause, in der gemeinsam gegessen wird, folgen am Nachmittag oft Projekte, Werkstätten oder andere gemeinschaftliche Aktivitäten. Hier können die Schüler ihre Interessen vertiefen, kreativ werden und in Teams zusammenarbeiten.
Ein besonderes Merkmal des Stundenplans der ESBZ ist die Flexibilität. Die Schüler haben in bestimmten Grenzen die Möglichkeit, ihren eigenen Stundenplan zusammenzustellen und zu entscheiden, wann sie welche Lernbüros besuchen oder an welchen Projekten sie teilnehmen möchten. Diese Wahlfreiheit fördert die Eigenverantwortung und Selbstorganisation.
Der Tagesrhythmus berücksichtigt auch die Bedürfnisse nach Bewegung, Entspannung und sozialer Interaktion. Es gibt regelmäßige Pausen, in denen die Schüler sich erholen, austauschen und spielen können.
Kooperation mit der Evangelischen Schule Berlin Mitte
Die ESBZ bildet zusammen mit der Evangelischen Schule Berlin Mitte (ESBM) eine Gemeinschaftsschule unter der Trägerschaft der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO. Die ESBM ist eine Grundschule für die Jahrgangsstufen 1-6 mit etwa 300 Schülern, während die ESBZ als weiterführende Schule die Jahrgangsstufen 7-13 mit rund 645 Schülern umfasst. Beide Schulen arbeiten nach ähnlichen pädagogischen Prinzipien und teilen das gleiche Leitbild und Menschenbild.
Die Kooperation zwischen beiden Schulen zeigt sich in verschiedenen Bereichen. Es gibt regelmäßige gemeinsame Veranstaltungen, Projekte und Feiern, bei denen Schüler aller Altersstufen zusammenkommen. Auch die Lehrkräfte beider Schulen tauschen sich aus und arbeiten in gemeinsamen Arbeitsgruppen und Gremien zusammen.
Ein wichtiger Aspekt der Kooperation ist der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule. Dieser wird sorgfältig gestaltet und begleitet, um den Schülern einen sanften Übergang zu ermöglichen. Es gibt Hospitationen, Schnuppertage und gemeinsame Projekte, die den Kindern helfen, die neue Schule kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen.
Trotz der räumlichen Trennung verstehen sich beide Schulen als eine Gemeinschaft, die von gemeinsamen Werten und Zielen getragen wird und in der alle – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – voneinander lernen können.
Wissenschaftliche Erkenntnisse und Evaluation
Forschungsergebnisse zur ESBZ
Die ESBZ ist nicht nur ein innovatives Schulmodell in der Praxis, sondern auch Gegenstand wissenschaftlicher Forschung und Evaluation. Verschiedene Studien haben die Wirksamkeit des pädagogischen Konzepts und der Lernformate der ESBZ untersucht und dabei interessante Erkenntnisse gewonnen.
Eine bedeutende Publikation zur ESBZ ist das Buch „Lernen mit Freude – bis zum Abitur. Das Neue Oberstufenkonzept an der Evangelischen Schule Berlin Zentrum“ von Dirk Randoll, Petra Ehrler und Jürgen Peters. Hier wird insbesondere das innovative Oberstufenkonzept der ESBZ und seine Auswirkungen auf die Lernmotivation und den Lernerfolg der Schüler untersucht .
Forschungsergebnisse zeigen, dass die Schüler der ESBZ im Vergleich zu Gleichaltrigen an traditionellen Schulen oft eine höhere intrinsische Motivation, ein stärkeres Selbstwirksamkeitserleben und besser ausgeprägte soziale Kompetenzen aufweisen. Dies wird unter anderem auf die Lernformate zurückgeführt, die Eigenverantwortung, Selbstorganisation und Kooperation fördern.
Besonders gut dokumentiert sind die positiven Effekte des Fachs „Verantwortung“ und des Projekts „Herausforderung“. Studien zeigen, dass diese Formate dazu beitragen, dass die Schüler ein stärkeres Verantwortungsbewusstsein, mehr Selbstvertrauen und eine höhere Resilienz entwickeln. Eine ehemalige Schülerin beschreibt ihre Erfahrung so:
„Das Projekt Verantwortung ist meine schönste Schulerinnerung, weil ich daraus das Gefühl mitgenommen habe, dass es möglich ist, auch als junger Mensch wirksam zu sein und einen Teil zur Gesellschaft beizutragen.“
Die ESBZ betreibt auch selbst aktive Forschung und Evaluation ihrer pädagogischen Arbeit. Sie dokumentiert systematisch ihre Erfahrungen und Ergebnisse und stellt diese anderen Schulen und der Bildungsforschung zur Verfügung. Zudem bietet die Schule regelmäßig Lehrerfortbildungen an, in denen ihre Konzepte und Methoden vermittelt werden.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt auf der Frage, inwieweit das Modell der ESBZ auf andere Schulen übertragbar ist. Hier zeigen die Ergebnisse, dass einzelne Elemente wie das Tutorensystem, der Klassenrat oder das Projekt „Verantwortung“ relativ leicht adaptiert werden können, während eine vollständige Übernahme des Konzepts eine tiefgreifende Transformation der Schulkultur und -struktur erfordert.
Vergleich mit traditionellen Schulmodellen
Im Vergleich zu traditionellen Schulmodellen weist die ESBZ eine Reihe von Unterschieden und Besonderheiten auf, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringen.
Ein grundlegender Unterschied liegt in der Lernorganisation. Während traditionelle Schulen oft auf einen 45-Minuten-Takt, Frontalunterricht und eine strikte Fächertrennung setzen, bietet die ESBZ flexible Lernzeiten, selbstorganisiertes Lernen in Lernbüros und fächerübergreifende Projekte. Dies ermöglicht eine stärkere Individualisierung des Lernens und fördert die Eigenverantwortung der Schüler.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied betrifft die Leistungsbewertung. Während traditionelle Schulen hauptsächlich auf Ziffernnoten setzen, verwendet die ESBZ bis zur 9. Klasse differenzierte, kompetenzorientierte Rückmeldungen. Dies reduziert den Leistungsdruck und fördert eine intrinsische Lernmotivation. Studien zeigen, dass die Schüler der ESBZ trotz des Verzichts auf Noten keine Nachteile bei standardisierten Tests oder Abschlussprüfungen haben.
In Bezug auf die soziale Organisation unterscheidet sich die ESBZ durch ihre jahrgangsübergreifenden Lerngruppen und ihr Tutorensystem von traditionellen Schulen. Diese Strukturen fördern soziales Lernen, gegenseitige Unterstützung und eine starke Gemeinschaft. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass dies zu einem besseren Schulklima und weniger Mobbing führt.
Ein besonderes Merkmal der ESBZ ist die Öffnung zur Welt außerhalb der Schule. Durch Formate wie das „Projekt Verantwortung“, die „Herausforderung“ und das AiA-Programm erhalten die Schüler authentische Lernerfahrungen in realen Kontexten. Dies fördert nicht nur ihre Persönlichkeitsentwicklung, sondern bereitet sie auch besser auf die Anforderungen des späteren Lebens vor.
Eine Herausforderung im Vergleich zu traditionellen Schulen ist der höhere Ressourcenbedarf der ESBZ. Die intensive Betreuung durch Tutoren, die kleineren Lerngruppen und die vielfältigen Projekte erfordern mehr Personal und finanzielle Mittel. Dies wirft Fragen nach der Übertragbarkeit des Modells auf das gesamte Bildungssystem auf. Trotz dieser Herausforderungen zeigen die Forschungsergebnisse, dass das Modell der ESBZ in vielerlei Hinsicht erfolgreicher ist als traditionelle Schulmodelle, insbesondere wenn es darum geht, junge Menschen auf die komplexen Anforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten.
Herausforderungen und Kritik
Übertragbarkeit des Modells
Eine der zentralen Herausforderungen des ESBZ-Modells ist die Frage nach seiner Übertragbarkeit auf andere Schulen und Bildungskontexte. Während die ESBZ als Leuchtturmprojekt und Inspirationsquelle für innovative Schulentwicklung dient, stellt sich die Frage, inwieweit ihre Konzepte und Methoden auch in anderen Kontexten funktionieren können.
Die ESBZ ist als Privatschule in evangelischer Trägerschaft in einer privilegierten Position. Sie hat mehr Freiheiten bei der Gestaltung ihres pädagogischen Konzepts, bei der Auswahl ihrer Lehrkräfte und bei der Organisation des Schulalltags als staatliche Schulen. Zudem verfügt sie durch das Schulgeld und Förderungen über ausreichend finanzielle Ressourcen.
Eine vollständige Übertragung des ESBZ-Modells auf staatliche Schulen würde daher eine Anpassung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen erfordern. Dies betrifft insbesondere Aspekte wie die Leistungsbewertung ohne Noten, die jahrgangsübergreifende Organisation und die flexiblen Lernzeiten.
Eine weitere Herausforderung bei der Übertragung des Modells ist die Frage der Lehrerbildung. Die Arbeit an der ESBZ erfordert von den Lehrkräften ein anderes Rollenverständnis und andere Kompetenzen als der Unterricht an traditionellen Schulen. Sie müssen bereit sein, ihre Rolle als Wissensvermittler zu erweitern und sich als Lernbegleiter, Coach und Mentor zu verstehen. Dies erfordert eine entsprechende Aus- und Fortbildung.
Trotz dieser Herausforderungen gibt es erfolgreiche Beispiele für die Übertragung einzelner Elemente des ESBZ-Modells auf andere Schulen. Formate wie das „Projekt Verantwortung“, der Klassenrat oder die „Herausforderung“ wurden bereits von zahlreichen Schulen adaptiert und an ihre spezifischen Bedingungen angepasst.
Die ESBZ selbst trägt aktiv zur Verbreitung ihrer Ideen bei, indem sie regelmäßig Hospitationen und Fortbildungen für Lehrkräfte und Schulleitungen anbietet. Jeden Montag können interessierte Pädagoginnen und Pädagogen die Schule besuchen und an Workshops teilnehmen, in denen die Konzepte und Methoden der ESBZ vermittelt werden.
Finanzierung und Ressourcen
Eine weitere Herausforderung für die ESBZ und ähnliche Schulmodelle ist die Frage der Finanzierung und Ressourcenausstattung. Das innovative pädagogische Konzept der ESBZ erfordert mehr personelle und materielle Ressourcen als traditionelle Schulmodelle.
Die ESBZ wird als Privatschule in freier Trägerschaft zu einem Teil durch staatliche Zuschüsse finanziert, die jedoch nicht die gesamten Kosten decken. Daher erhebt die Schule ein einkommensabhängiges Schulgeld, das von den Eltern gezahlt wird. Dies wirft Fragen der Bildungsgerechtigkeit auf, da nicht alle Familien sich eine solche Schule leisten können. Um diesem Problem zu begegnen, hat die ESBZ ein Solidarmodell entwickelt, bei dem Familien mit höherem Einkommen mehr zahlen, um Plätze für Kinder aus einkommensschwächeren Familien zu subventionieren. Dennoch bleibt die Frage, ob ein solches Modell flächendeckend umsetzbar ist..
Kritiker argumentieren, dass ein solches Modell nicht flächendeckend finanzierbar sei und daher nur einer kleinen Gruppe von Schülern zugutekommen könne. Befürworter hingegen verweisen auf die langfristigen gesellschaftlichen Vorteile einer qualitativ hochwertigen Bildung und argumentieren, dass die Investition in innovative Schulmodelle sich durch geringere Folgekosten in Bereichen wie Jugendkriminalität, Arbeitslosigkeit oder Gesundheitsproblemen amortisieren könne.
Praxistransfer: Das können wir von der ESBZ lernen
Für Lehrkräfte
Als Lehrkraft kannst Du zahlreiche Impulse aus dem ESBZ-Modell für Deine eigene pädagogische Praxis mitnehmen, auch wenn Du an einer traditionellen Schule arbeitest:
- Rollenverständnis überdenken: Verstehe Dich nicht nur als Wissensvermittler, sondern auch als Lernbegleiter und Coach. Schaffe Räume, in denen die Schüler selbstständig lernen können, und unterstütze sie dabei, ihre eigenen Lernwege zu finden.
- Beziehungsarbeit priorisieren: Investiere Zeit und Energie in den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu Deinen Schülerinnen und Schülern. Nimm Dir regelmäßig Zeit für persönliche Gespräche und zeige echtes Interesse an ihrer Entwicklung.
- Differenzierung umsetzen: Entwickle Lernmaterialien und -aufgaben, die unterschiedliche Lernwege und -tempi ermöglichen. Nutze Methoden wie Lerntheken, Stationenlernen oder Wochenpläne, um individualisiertes Lernen zu fördern.
- Feedback-Kultur etablieren: Gib regelmäßig differenziertes, konstruktives Feedback, das nicht nur die Ergebnisse, sondern auch den Lernprozess in den Blick nimmt. Schaffe Gelegenheiten für Peer-Feedback und Selbstreflexion.
- Projektarbeit integrieren: Plane regelmäßig fächerübergreifende Projekte, in denen die Schülerinnen und Schüler an realen, für sie bedeutsamen Themen arbeiten können. Orientiere Dich dabei an den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN.
- Verantwortung übertragen: Traue Deinen Schülerinnen und Schülern zu, Verantwortung zu übernehmen – für ihr eigenes Lernen, für die Gemeinschaft und für die Welt. Schaffe Möglichkeiten für soziales Engagement, auch außerhalb der Schule.
- Demokratische Strukturen schaffen: Führe einen Klassenrat ein, in dem die Schülerinnen und Schüler ihre Anliegen besprechen und gemeinsame Entscheidungen treffen können.
Für Schulleitungen
Als Schulleitung hast Du eine Schlüsselrolle bei der Transformation von Schulen. Das ESBZ-Modell bietet Dir wertvolle Anregungen für eine zukunftsorientierte Schulentwicklung:
- Leitbild entwickeln: Schaffe mit Deinem Kollegium ein klares, gemeinsam getragenes Leitbild, das Orientierung gibt und Identifikation ermöglicht. Die ESBZ zeigt mit ihrem Slogan „mutig – protestantisch – weltoffen“, wie ein prägnantes Leitbild aussehen kann.
- Musterbrüche wagen: Identifiziere Bereiche, in denen Deine Schule mit traditionellen Mustern brechen könnte, um Innovation zu ermöglichen. Die ESBZ hat gezeigt, dass Musterbrüche in Bereichen wie Schulform, Leistungsrückmeldung, Stundenplan und Jahrgangsmischung zu einer dynamischen Schulentwicklung beitragen können.
- Partizipative Strukturen schaffen: Etabliere demokratische Strukturen, die allen Schulbeteiligten echte Mitsprache ermöglichen. Führe regelmäßige Schulversammlungen ein, in denen wichtige Themen diskutiert und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden.
- Professionelle Lerngemeinschaft fördern: Schaffe Räume und Zeiten für kollegiale Zusammenarbeit, gegenseitige Hospitationen und gemeinsame Reflexion. Die ESBZ zeigt, wie wichtig ein gemeinsames pädagogisches Verständnis für die Schulentwicklung ist.
- Öffnung nach außen: Kooperiere mit außerschulischen Partnern und schaffe Netzwerke in der lokalen Gemeinschaft. Die ESBZ arbeitet eng mit sozialen Einrichtungen, Unternehmen und anderen Schulen zusammen und bietet systematisch Lehrerfortbildungen an.
- Ressourcen kreativ nutzen: Entwickle kreative Lösungen für die Ressourcenfrage. Die ESBZ zeigt mit ihrem einkommensabhängigen Schulgeldmodell und ihren Fundraising-Aktivitäten, wie zusätzliche Ressourcen erschlossen werden können.
- Schrittweise vorgehen: Plane die Transformation Deiner Schule als langfristigen Prozess. Beginne mit einzelnen Elementen des ESBZ-Modells, die in Deinem Kontext umsetzbar sind, und erweitere sie schrittweise.
- Evaluation etablieren: Entwickle eine Kultur der kontinuierlichen Evaluation und Weiterentwicklung. Die ESBZ reflektiert regelmäßig ihre Praxis und passt ihre Konzepte entsprechend an.
Für Eltern
Als Elternteil kannst Du von der ESBZ lernen, wie Du die Bildung Deines Kindes unterstützen und Dich für eine zukunftsorientierte Schulentwicklung engagieren kannst:
- Eigenverantwortung fördern: Unterstütze Dein Kind dabei, Verantwortung für sein eigenes Lernen zu übernehmen. Gib ihm Raum für selbstständige Entscheidungen und ermutige es, eigene Lösungswege zu finden.
- Stärkenorientierung praktizieren: Fokussiere auf die Stärken und Interessen Deines Kindes, statt Defizite in den Mittelpunkt zu stellen (ohne in narzisstische Beweihräucherung zu fallen;). Die ESBZ zeigt, wie eine ressourcenorientierte Pädagogik das Selbstvertrauen und die Lernmotivation stärken kann.
- Engagement zeigen: Bringe Dich aktiv in die Schulgemeinschaft ein. An der ESBZ gestalten Eltern beispielsweise den „Visionstag“ mit, an dem sie Workshops zu verschiedenen Berufsfeldern anbieten und ihre Expertise einbringen.
- Für Bildungsinnovation eintreten: Setze Dich in Elterngremien, Schulkonferenzen oder der Bildungspolitik für innovative Schulkonzepte ein. Die ESBZ wurde ursprünglich von einer Elterninitiative gegründet, die eine Alternative zu herkömmlichen Schulen schaffen wollte.
- Lernbegleitung statt Kontrolle: Unterstütze den Lernprozess Deines Kindes durch interessierte Nachfragen und gemeinsame Reflexion, statt durch Kontrolle und Druck. Die ESBZ zeigt, wie eine vertrauensvolle Lernbegleitung aussehen kann.
Für Bildungspolitik
Die ESBZ bietet auch für die Bildungspolitik wichtige Impulse, wie Schulen zukunftsfähig gestaltet werden können:
- Autonomie stärken: Gib Schulen mehr Freiheiten bei der Gestaltung ihres pädagogischen Konzepts, bei der Personalauswahl und bei der Organisation des Schulalltags. Die ESBZ zeigt, wie Schulen diese Freiräume für innovative Entwicklungen nutzen können.
- Vielfalt fördern: Unterstütze die Entwicklung verschiedener Schulmodelle, die unterschiedliche pädagogische Ansätze verfolgen. Die ESBZ ist ein Beispiel dafür, wie eine Schule mit einem klaren Profil und innovativen Konzepten erfolgreich sein kann.
- Ressourcen bereitstellen: Stelle ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen für eine qualitativ hochwertige Bildung bereit. Die ESBZ zeigt, dass innovative Schulkonzepte oft einen höheren Ressourcenbedarf haben, sich aber langfristig durch bessere Bildungsergebnisse und geringere Folgekosten amortisieren können.
- Lehrerbildung reformieren: Modernisiere die Lehrerbildung, um angehende Lehrkräfte besser auf die Herausforderungen einer sich wandelnden Bildungslandschaft vorzubereiten. Die ESBZ bietet regelmäßig Fortbildungen an, in denen ihre Konzepte und Methoden vermittelt werden.
- Leistungsbewertung überdenken: Entwickle alternative Formen der Leistungsrückmeldung, die nicht nur Ergebnisse, sondern auch Lernprozesse und überfachliche Kompetenzen berücksichtigen. Die ESBZ zeigt, dass der Verzicht auf Ziffernnoten bis zur 9. Klasse keine negativen Auswirkungen auf die Leistungen der Schüler hat.
Zusammenfassung und Ausblick
Vergleich mit traditionellen Schulmodellen
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zwischen der ESBZ und traditionellen Schulmodellen zusammen:
Aspekt |
Traditionelles Schulmodell |
Evangelische Schule Berlin Zentrum |
Lernorganisation |
45-Minuten-Takt, Frontalunterricht, strikte Fächertrennung |
Flexible Lernzeiten, selbstorganisiertes Lernen in Lernbüros, fächerübergreifende Projekte |
Leistungsbewertung |
Ziffernnoten, Vergleich mit anderen |
Differenzierte, kompetenzorientierte Rückmeldungen, individuelle Entwicklung im Fokus |
Soziale Organisation |
Jahrgangsklassen, wechselnde Lehrkräfte |
Jahrgangsübergreifende Lerngruppen, Tutorensystem mit festen Bezugspersonen |
Rolle der Lehrkraft |
Wissensvermittler, Prüfer |
Lernbegleiter, Coach, Mentor |
Schülerrolle |
Passiver Empfänger von Wissen |
Aktiver Gestalter des eigenen Lernprozesses |
Beziehungskultur |
Oft hierarchisch, distanziert |
Partnerschaftlich, wertschätzend, auf Augenhöhe |
Öffnung zur Welt |
Begrenzt, meist innerhalb der Schule |
Vielfältige außerschulische Lernorte und Erfahrungen (Projekt Verantwortung, Herausforderung, AiA) |
Wertorientierung |
Oft implizit, nicht systematisch |
Explizit, evangelisches Profil, Orientierung an Nachhaltigkeitszielen |
Partizipation |
Begrenzt auf formale Gremien |
Umfassende demokratische Strukturen und Mitbestimmung |
Inklusion |
Oft Separation nach Leistung |
Gemeinsames Lernen aller, Vielfalt als Bereicherung |
Zukunftsperspektiven der ESBZ
Die ESBZ hat sich seit ihrer Gründung 2007 kontinuierlich weiterentwickelt und wird dies auch in Zukunft tun. Einige Entwicklungsperspektiven zeichnen sich bereits ab:
- Digitale Transformation: Die ESBZ wird ihre Lernformate und -methoden weiterentwickeln, um die Potenziale digitaler Medien und Werkzeuge für selbstorganisiertes, kollaboratives und kreatives Lernen noch besser zu nutzen.
- Globale Vernetzung: Die internationale Zusammenarbeit und der Austausch mit Schulen und Bildungsinitiativen weltweit werden weiter ausgebaut, um globales Lernen und interkulturellen Dialog zu fördern.
- Forschung und Evaluation: Die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der pädagogischen Arbeit wird intensiviert, um die Wirksamkeit der Konzepte und Methoden zu überprüfen und weiterzuentwickeln.
- Wissenstransfer: Die ESBZ wird ihre Erfahrungen und Erkenntnisse noch systematischer dokumentieren und weitergeben, um andere Schulen bei ihrer Entwicklung zu unterstützen.
- Systemische Veränderung: Die ESBZ wird sich weiterhin für eine grundlegende Transformation des Bildungssystems einsetzen, um die Bedingungen für eine zukunftsfähige Bildung für alle Kinder und Jugendlichen zu verbessern.
Eine Vision für die Zukunft
Wie würde unsere Welt aussehen, wenn das Schulmodell der ESBZ zur Standardform würde? Eine solche Bildungslandschaft könnte folgende Merkmale aufweisen:
- Junge Menschen würden zu mündigen, verantwortungsbewussten und weltoffenen Bürgerinnen und Bürgern heranwachsen, die bereit und fähig sind, die komplexen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzugehen.
- Schulen wären Orte der Begeisterung und des sinnhaften Lernens, an denen Kinder und Jugendliche ihre Potenziale entfalten und ihre Persönlichkeit entwickeln können.
- Die Vielfalt der Lernenden würde als Bereicherung erlebt und genutzt, statt als Problem betrachtet zu werden. Inklusion wäre selbstverständlich.
- Demokratische Werte und Praktiken würden im Schulalltag gelebt und erfahren, was zu einer Stärkung der demokratischen Kultur in der Gesellschaft beitragen würde.
- Die Kluft zwischen Theorie und Praxis, zwischen Schule und Leben würde überwunden. Lernen würde als lebenslanger Prozess verstanden, der in realen Kontexten stattfindet.
- Die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN würden als gemeinsamer Orientierungsrahmen dienen und zu einer nachhaltigen Entwicklung in allen Bereichen beitragen.
- Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren im Bildungsbereich – Schulen, Familien, Gemeinden, Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Organisationen – würde intensiviert und zu einer gemeinsamen Verantwortung für Bildung führen.
Die ESBZ zeigt, dass eine solche Vision keine Utopie sein muss, sondern bereits heute in Ansätzen verwirklicht werden kann. Sie ist ein Beispiel dafür, wie Schule anders gedacht und gestaltet werden kann – als ein Ort, an dem junge Menschen zu mündigen, zukunftsfähigen und verantwortlichen Weltbürgerinnen und Weltbürgern heranwachsen können.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zur ESBZ
1. Ist die ESBZ eine Privatschule?
Ja, die ESBZ ist eine Privatschule in freier Trägerschaft der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO. Sie erhebt ein einkommensabhängiges Schulgeld, hat aber ein Solidarmodell entwickelt, um auch Kindern aus einkommensschwächeren Familien den Besuch zu ermöglichen.
2. Müssen Schüler evangelisch sein, um die ESBZ besuchen zu können?
Nein, die ESBZ ist offen für Kinder und Jugendliche aller Konfessionen und Religionen. Das evangelische Profil zeigt sich in den Werten und im Menschenbild, nicht in einer konfessionellen Exklusivität.
3. Wie funktioniert das Lernen ohne Noten?
Bis zur 9. Klasse verzichtet die ESBZ auf Ziffernnoten und setzt stattdessen auf differenzierte, kompetenzorientierte Rückmeldungen. Diese erfolgen in Form von regelmäßigen Coaching-Gesprächen, schriftlichen Lernberichten und Ziel- und Bilanzgesprächen mit Eltern.
4. Welche Abschlüsse können an der ESBZ erworben werden?
An der ESBZ können alle in Berlin üblichen Schulabschlüsse erworben werden: die Berufsbildungsreife (BBR) nach Klasse 9 oder 10, die erweiterte Berufsbildungsreife (EBBR) nach Klasse 10, der Mittlere Schulabschluss (MSA) nach Klasse 10 und das Abitur nach Klasse 13. Die Schule ist als staatlich anerkannte Ersatzschule berechtigt, diese Abschlüsse zu vergeben.
5. Wie unterscheidet sich das Lernen an der ESBZ vom Lernen an traditionellen Schulen?
Das Lernen an der ESBZ unterscheidet sich in mehreren wesentlichen Punkten vom Lernen an traditionellen Schulen: Statt Frontalunterricht im 45-Minuten-Takt setzt die ESBZ auf selbstorganisiertes Lernen in Lernbüros, fächerübergreifende Projekte und Werkstätten. Die Schüler haben mehr Freiheiten bei der Gestaltung ihres Lernwegs und übernehmen mehr Verantwortung für ihren Lernprozess. Zudem gibt es bis zur 9. Klasse keine Ziffernnoten, sondern differenzierte Rückmeldungen.
6. Was ist das „Projekt Verantwortung“?
Das „Projekt Verantwortung“ ist ein fester Bestandteil des Stundenplans, in dem die Schüler der Mittelstufe zwei Stunden pro Woche außerhalb der Schule soziales, ökologisches oder politisches Engagement zeigen. Sie können beispielsweise in Kindergärten, Seniorenheimen, Flüchtlingsunterkünften oder Umweltschutzprojekten mitarbeiten. Ziel ist es, Verantwortungsbewusstsein, Empathie und gesellschaftliches Engagement zu fördern.
7. Was ist die „Herausforderung“?
Die „Herausforderung“ ist ein dreiwöchiges Projekt am Ende des Schuljahres, bei dem die Schüler der Jahrgänge 7 bis 9 in kleinen Gruppen mit nur 150 Euro pro Person eine selbst geplante Reise unternehmen. Sie sind meist mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit dem Kanu unterwegs und müssen alle Aspekte der Reise selbst organisieren. Dieses Format zielt darauf ab, die Jugendlichen aus ihrer Komfortzone zu holen und ihnen Selbstwirksamkeitserfahrungen zu ermöglichen.
8. Wie funktioniert das Tutorensystem an der ESBZ?
Jeder Schüler wird von einem Tutor durch das Schulleben begleitet. Die Tutoren sind Lehrkräfte, die eine besondere Verantwortung für eine Gruppe von Schülern übernehmen. Sie führen regelmäßige Gespräche mit ihren Tutanden, begleiten deren Lernprozess, geben Feedback und unterstützen bei Problemen. Dieses System stellt sicher, dass jede Schülerin und jeder Schüler als Individuum wahrgenommen wird und eine persönliche Begleitung erhält.
9. Ist die ESBZ nur für besonders begabte Schüler geeignet?
Nein, die ESBZ versteht sich als inklusive Schule, die für Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, Begabungen und Interessen offen ist. Die individualisierte Lernorganisation und die vielfältigen Lernformate ermöglichen es, auf die verschiedenen Bedürfnisse und Potenziale der Schüler einzugehen. Die ESBZ sieht in der Vielfalt eine Bereicherung und eine Chance für soziales Lernen.
10. Wie wird die ESBZ finanziert?
Die ESBZ wird als Privatschule in freier Trägerschaft zu einem Teil durch staatliche Zuschüsse finanziert. Da diese jedoch nicht die gesamten Kosten decken, erhebt die Schule ein einkommensabhängiges Schulgeld. Um Bildungsgerechtigkeit zu fördern, hat die ESBZ ein Solidarmodell entwickelt, bei dem Familien mit höherem Einkommen mehr zahlen, um Plätze für Kinder aus einkommensschwächeren Familien zu subventionieren.
11. Kann das Modell der ESBZ auf andere Schulen übertragen werden?
Ja, einzelne Elemente des ESBZ-Modells wie das „Projekt Verantwortung“, der Klassenrat oder die „Herausforderung“ wurden bereits erfolgreich von anderen Schulen adaptiert. Eine vollständige Übertragung des Modells erfordert jedoch eine tiefgreifende Transformation der Schulkultur und -struktur sowie entsprechende rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen. Die ESBZ selbst trägt zur Verbreitung ihrer Ideen bei, indem sie regelmäßig Hospitationen und Fortbildungen für Lehrkräfte und Schulleitungen anbietet.
12. Wie schneidet die ESBZ bei Vergleichstests und Abschlussprüfungen ab?
Trotz des Verzichts auf Noten bis zur 9. Klasse und des alternativen pädagogischen Konzepts schneiden die Schüler der ESBZ bei Vergleichstests und Abschlussprüfungen gut ab. Studien zeigen, dass sie keine Nachteile gegenüber Schülern traditioneller Schulen haben. Zudem verfügen sie oft über besser ausgeprägte überfachliche Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Kreativität, Problemlösefähigkeit und interkulturelle Kompetenz.
Glossar: Wichtige Begriffe im Kontext der ESBZ
Lernbüro: Ein Lernformat, in dem Schüler selbstständig an vorbereiteten Materialien in den Kernfächern arbeiten. Die Lernbüros ersetzen den klassischen Fachunterricht und ermöglichen individualisiertes Lernen im eigenen Tempo.
Projekt Verantwortung: Ein fester Bestandteil des Stundenplans, in dem die Schüler zwei Stunden pro Woche außerhalb der Schule soziales, ökologisches oder politisches Engagement zeigen.
Herausforderung: Ein dreiwöchiges Projekt am Ende des Schuljahres, bei dem die Schüler in kleinen Gruppen mit nur 150 Euro pro Person eine selbst geplante Reise unternehmen.
Tutorensystem: Ein System, bei dem jede Schülerin und jeder Schüler von einer Lehrkraft als Tutorin oder Tutor durch das Schulleben begleitet wird. Die Tutoren führen regelmäßige Gespräche mit ihren Tutanden und unterstützen sie in ihrer Entwicklung.
Pulsar: Ein Lernformat in der Oberstufe, in dem die Schüler komplexe Zusammenhänge erforschen und sich curricularen Inhalten fächerübergreifend nähern. Ein Pulsar verbindet bis zu vier Fächer unter einem gemeinsamen Thema.
Lernexpedition: Ein Format in der Oberstufe, bei dem die Schüler ein selbst gewähltes Thema über einen längeren Zeitraum hinweg selbstständig erarbeiten.
AiA (Alle ins Ausland): Ein Programm, bei dem die Schüler der 11. Klasse drei Monate im Ausland verbringen und in sozialen, ökologischen oder kulturellen Projekten mitarbeiten.
Klassenrat: Ein demokratisches Gremium, in dem die Schüler einer Klasse regelmäßig zusammenkommen, um Anliegen zu besprechen, Probleme zu lösen und gemeinsame Entscheidungen zu treffen.
Menschen mit Botschaft: Ein Format, bei dem zweimal im Jahr Menschen eingeladen werden, die sich für ihre Überzeugungen einsetzen und als „Mutmacher*innen“ die Schüler inspirieren.
Kompetenzraster: Ein Instrument zur differenzierten Leistungsrückmeldung, das detailliert beschreibt, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten die Schüler auf verschiedenen Niveaustufen erwerben sollen.
Agenda 2030: Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die als Orientierungsrahmen für die pädagogische Arbeit der ESBZ dienen und in verschiedenen Lernformaten thematisiert werden.
Musterbruch: Ein bewusster Bruch mit traditionellen Bildungsmustern, um neue Wege in der Bildung zu gehen. Die ESBZ hat Musterbrüche in Bereichen wie Schulform, Leistungsrückmeldung, Stundenplan und Jahrgangsmischung vollzogen.
Weiterführende Ressourcen
- Website der ESBZ: www.ev-schule-zentrum.de
- Website der ESBM: www.ev-schule-mitte.de
- Bücher:
Randoll, D., Ehrler, P., & Peters, J. (2020). Lernen mit Freude – bis zum Abitur: Das Neue Oberstufenkonzept an der Evangelischen Schule Berlin Zentrum. Beltz Juventa.
Rasfeld, M., & Spiegel, P. (2012). EduAction: Wir machen Schule. Murmann Verlag. - Blog: Schule21.blog mit Beiträgen von Schülern der ESBZ
- Hospitationsangebote: Die ESBZ bietet regelmäßig Hospitationen und Fortbildungen für interessierte Lehrkräfte und Schulleitungen an.
Die ESBZ zeigt, dass eine andere Schule möglich ist – eine Schule, die junge Menschen nicht nur mit Wissen ausstattet, sondern sie zu mündigen, verantwortungsbewussten und weltoffenen Bürgerinnen und Bürgern befähigt. Mit ihrem Mut, neue Wege zu gehen, ihrer protestantischen Wertorientierung und ihrer weltoffenen Haltung ist sie ein inspirierendes Beispiel für eine zukunftsfähige Bildung im 21. Jahrhundert.
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Autor: Marian Zefferer, MSc.
Psychologe, Papa, NLP-Lehrtrainer & Autor von Bildungsimpuls.com. Dort lebe ich meine Vision, einen Beitrag für unser marodes Bildungssystem zu liefern, damit Lernen wieder geil wird und Bildung als das gesehen wird, was es ist: das geistige Gold der Gesellschaft.
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