Lernen lernen: Der ultimative Leitfaden für effektives und gehirn-gerechtes Lernen

„Lernen lernen ist die Fähigkeit, das eigene Lernen zu planen, zu beobachten und zu steuern – anstatt nur passiv Informationen aufzunehmen.“ – Marian Zefferer

Hast du dich jemals gefragt, warum manche Menschen scheinbar mühelos lernen, während andere trotz großer Anstrengung kaum Fortschritte machen? Der Unterschied liegt nicht in der Intelligenz, sondern in der Methode. Lernen zu lernen ist die Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts – und dieser Leitfaden zeigt dir, wie Du sie meisterst.

Inhaltsverzeichnis

„Lernen ist buchstäblich kinderleicht. Der Säugling kann nach wenigen hundert Tagen greifen, laufen, singen und kommunizieren. Lernen macht uns in aller Regel keine Probleme, es sei denn, irgend etwas läuft in unserem Kopf schief.“ – Manfred Spitzer

Warum „Lernen lernen“ die wichtigste Fähigkeit unserer Zeit ist

Stell Dir vor, Du könntest jede neue Fähigkeit oder jedes Wissensgebiet doppelt so schnell und mit doppelt so viel Freude erlernen wie bisher. Wie würde das Dein Leben verändern?

In unserer heutigen Wissensgesellschaft ist die Fähigkeit, effektiv zu lernen, wichtiger denn je. Die Halbwertszeit von Wissen sinkt rapide – was heute aktuell ist, kann morgen schon überholt sein. Immer mehr Menschen verbringen immer mehr Zeit mit dem Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten. Die Schulzeit wurde verlängert, mehr Schüler besuchen weiterführende Schulen, und die Zahl der Studierenden ist stark angestiegen.

Wusstest Du schon? Laut Bildungsforschern müssen wir heute etwa 30% unseres Wissens jährlich erneuern, um beruflich nicht den Anschluss zu verlieren.

Der Arbeitsmarkt verlangt zunehmend höhere Qualifikationen, und im Wettbewerb um knapper werdende Arbeitsplätze haben Bewerber mit besseren Lernfähigkeiten einen entscheidenden Vorteil. Viele Arbeitnehmer müssen im Laufe ihres Berufslebens „umschulen“, um sich veränderten Anforderungen anzupassen.

Die Herausforderung: Das Wissen, das wir erwerben müssen – sei es aus Neugier oder aufgrund des Drucks der sozialen und gesellschaftlichen Situation – fließt uns nicht von selbst zu. Wir müssen es uns erarbeiten. Dabei hilft es nicht, ein Buch unter das Kopfkissen zu legen oder Texte während des Schlafens vom Tonträger abspielen zu lassen. Anstrengungen sind unvermeidbar, aber sie führen nicht zwangsläufig zum Lernerfolg.

Die Lösung: Effektive Lernstrategien, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und die Funktionsweise unseres Gehirns berücksichtigen. Genau darum geht es in diesem Artikel: Dir zu zeigen, wie Du Deine Arbeitskraft beim Lernen effizient einsetzt und dabei sogar Freude empfindest.

Vera F. Birkenbihl, eine Pionierin des gehirn-gerechten Lernens, beschreibt den Unterschied zwischen traditionellem und explorativem Lernen treffend:

„Sie haben ja bis jetzt aber eben immer für Klausuren oder für eine bestimmte Prüfung gelernt. Daher konnten Sie die FASZINATION und Entdecker-FREUDE, die lebendiges, exploratives (gehirn-gerechtes) Lernen mit sich bringt, nie erleben. Der Begriff EXPLORATIV beschreibt, wie Lernen sein sollte: ein EXPLORER ist ein Entdecker/Abenteurer, niemand, der für Prüfungen paukt…“

Lernen zu lernen bedeutet, vom passiven „Gehirn-Besitzer“ zum aktiven „Gehirn-Benutzer“ zu werden. Es bedeutet, die Werkzeuge und Methoden zu kennen, mit denen Du jedes beliebige Wissensgebiet effizient erschließen kannst. Es bedeutet, Deine natürliche Neugier und Entdeckerfreude wiederzufinden und das Lernen als bereichernde, erfüllende Tätigkeit zu erleben.

In den folgenden ‚Kapiteln‘ wirst Du alle wichtigen Aspekte des effektiven Lernens kennenlernen – von den neurowissenschaftlichen Grundlagen über effektive Mitschreibe-Techniken wie die Cornell-Notiz oder das Birkenbihls 5-Phasen-Modell zum Lernen von gänzlich neuen Informationen bis hin zu konkreten Anwendungsstrategien für verschiedene Lerninhalte.

Die Wissenschaft des Lernens: Wie unser Gehirn Wissen verarbeitet

Unser Gehirn ist ein erstaunliches Organ, das aus etwa 86 Milliarden Nervenzellen (Neuronen) besteht, die durch Billionen von Verbindungen (Synapsen) miteinander kommunizieren. Beim Lernen werden neue synaptische Verbindungen gebildet und bestehende verstärkt – ein Prozess, der als neuronale Plastizität bezeichnet wird.

  1. Wahrnehmung: Informationen gelangen über unsere Sinnesorgane ins Gehirn.
  2. Aufmerksamkeit: Das Gehirn filtert relevante von irrelevanten Informationen. Wichtig hierbei ist: Neuheit, Relevanz, Emotionen (je stärker desto besser) & Umgebungsfaktoren (z. B. Störgeräusche) Dies ist ein subjektiver Prozess, den wir auch beeinflussen können, z.B. mit der Frage: wofür könnte dieses Wissen in meinem Leben relevant sein?
  3. Enkodierung: Die Informationen werden in neuronale Aktivitätsmuster umgewandelt. Faustregel: je aufwendiger wir etwas lernen, je mehr Sinne beteiligt sind, je länger wir uns einem Thema widmen, desto besser speichern wir Informationen ab.
  4. Konsolidierung: Die Informationen werden im Langzeitgedächtnis verankert. Je emotionaler, relevanter oder häufiger eine Information vorkommt desto wahrscheinlich ist es, dass sie im Langzeitgedächtnis landet.
  5. Abruf: Die gespeicherten Informationen werden bei Bedarf wieder aktiviert. Wichtig: der Abruf funktioniert umso besser, je mehr sich die Situationen von Lernen und Wiedergeben ähneln. Wenn ich Vokabeln unter Wasser lerne (ja, die Studie wurde tatsächlich durchgeführt) kann ich unter Wasser mehr Vokabeln wiedergeben als am Land (und umgekehrt das Gleiche). Wenn ich zu Hause im Sitzen und im Pyjama lerne und in der Prüfung mit guter Kleidung stehe, hindert das den Abruf.

Fun Fact: Jedes Mal, wenn Du etwas lernst, verändert sich die physische Struktur Deines Gehirns. Neurowissenschaftler nennen dies „erfahrungsabhängige Neuroplastizität“. – Das ist jetzt wo Du diesen Text liest bereits passiert 😉

Ein wichtiges Prinzip der Neurowissenschaft lautet: „Neurons that fire together, wire together“ (Neuronen, die gemeinsam feuern, verdrahten sich miteinander). Dies bedeutet, dass Nervenzellen, die gleichzeitig aktiviert werden, stärkere Verbindungen untereinander ausbilden. Daher ist es so wichtig, neue Informationen mit bereits vorhandenem Wissen zu verknüpfen.

Langzeitgedächtnis: Wie wird mein Lerninhalt langfristig abgespeichert?

Unser Gedächtnis besteht aus drei Hauptsystemen: dem sensorischen Gedächtnis, dem Arbeitsgedächtnis (früher Kurzzeitgedächtnis genannt) und dem Langzeitgedächtnis.
Informationen durchlaufen typischerweise alle drei Stufen: Zuerst werden sie kurz im sensorischen Gedächtnis festgehalten, dann ins Arbeitsgedächtnis übertragen und schließlich – wenn die richtigen Bedingungen erfüllt sind – im Langzeitgedächtnis verankert.

Effektive Strategien für die Langzeitspeicherung

1. Wiederholung mit System
Die regelmäßige Wiederholung von Lerninhalten ist entscheidend. Dabei ist das zeitliche Muster der Wiederholungen wichtiger als ihre absolute Anzahl:

  • Spaced Repetition: Wiederhole Lerninhalte in zunehmend größeren Zeitabständen. Beginne mit einer Wiederholung nach einem Tag, dann nach drei Tagen, einer Woche usw.
  • Aktives Abrufen: Teste dein Wissen aktiv durch Karteikarten oder selbstgestellte Fragen, anstatt den Lernstoff nur passiv erneut zu lesen.


2. Je tiefer die kognitive Verarbeitung, desto besser die Speicherung:

  • Elaboration: Verknüpfe neue Informationen mit bereits vorhandenem Wissen
  • Organisation: Strukturiere den Lernstoff durch Sketchnotes, Diagramme oder Gliederungen
  • Bedeutsamkeit: Finde persönliche Bezüge und Anwendungsmöglichkeiten
  • Multisensorisches Lernen: Das Einbeziehen mehrerer Sinne verstärkt die Gedächtnisspur. Wenn Du vokabeln nur hörst, prägen sie sich schwerer ein, als wenn Du sie hörst und siehst. Und noch stärker würden sie sich einprägen, wenn Du sie hörst, siehst und die Vokabel mit einer Geste oder Bewegung ‚darstellst‘.

Lernmotivation: Der Treibstoff für erfolgreiches Lernen

Motivation ist der entscheidende Faktor, der bestimmt, ob und wie gut wir lernen. Sie liefert die Energie, die wir benötigen, um uns auf Lerninhalte zu konzentrieren und Hindernisse zu überwinden. Wir sind motiviert:

  1. Wenn der Inhalt für unser Leben relevant erscheint (das wichtige Wort hier ist erscheint, die Bestenliste in einem Computerspiel ist höchstwahrscheinlich aufs Leben gerechnet nicht relevant, aber es erscheint im Moment höchst relevant): Wie kannst Du den Stoff für Dich relevanter gestalten?
  2. Wenn wir glauben, dass wir es schaffen können: Das ist oft der Motivation-Verhinderer Nummer 1. Wir beginnen nicht mit der Aufgabe, weil uns nötige Informationen fehlen oder wir glauben, es ohnehin nicht zu schaffen. In diesem Fall macht es Sinn, sich Hilfe zu holen.
  3. Wenn die Umgebung uns anspornt: Damit sind banale Sachen gemeint wie ein aufgeräumter Schreibtisch und kein Smartphone, welches herumliegt und uns ablenken könnte, aber auch ein ruhiges „konzentrierteres“ Klassenzimmer („Wenn alle anderen lernen, dann lerne ich jetzt wohl auch besser.“)
  4. Wenn der Inhalt (etwas) herausfordernd ist – bei zu leichten Aufgaben, kann das Hirn abschalten.

Mythen und Missverständnisse über das Lernen

Es gibt zahlreiche Mythen und Missverständnisse über das Lernen, die uns daran hindern können, unser volles Potenzial auszuschöpfen:

1. Mythos: Lernen ohne Anstrengung ist möglich. 

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Wahrheit

Lernen erfordert immer eine gewisse Anstrengung. Methoden wie das Abspielen von Lernmaterial während des Schlafens sind unwirksam.

2. Mythos: Mehr Zeit bedeutet mehr Lernerfolg.

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Wahrheit

Die Qualität der Lernzeit ist wichtiger als die Quantität. Effektive Lernstrategien können den Lernerfolg in kürzerer Zeit deutlich steigern.

3. Mythos: Jeder Mensch hat einen bestimmten Lerntyp.

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Wahrheit

Die Theorie der Lerntypen (visuell, auditiv, kinästhetisch) ist wissenschaftlich nicht belegt. Effektiver ist es, verschiedene Sinneskanäle zu kombinieren.

4. Mythos: Intelligenz ist angeboren und unveränderlich. 

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Wahrheit

Unser Gehirn ist plastisch und kann sich ein Leben lang verändern. Durch richtiges Lernen können wir unsere kognitiven Fähigkeiten verbessern.

5. Mythos: Wiederholtes Lesen ist die beste Lernmethode. 

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Wahrheit

Aktive Lernmethoden wie das Abrufen von Informationen aus dem Gedächtnis (Retrieval Practice) sind deutlich effektiver als passives Wiederholen.

 

Birkenbihl-Methode: Gehirn-gerechtes Lernen in 5 Phasen

Vera F. Birkenbihl, eine Pionierin des gehirn-gerechten Lernens, entwickelte eine Methode, die aus der Praxis kommt und der natürlichen Funktionsweise unseres Gehirns entspricht. Ihr Ansatz unterscheidet sich grundlegend vom traditionellen „Pauken“ und zielt darauf ab, Lernen wieder zu einer freudvollen, explorativen Tätigkeit zu machen. Die Birkenbihl-Methode besteht aus fünf aufeinander aufbauenden Phasen und ist vor allem für neue Lerninhalte gedacht:

Lernphase 1: Start (Vorbereitung) – Modell planen

In dieser ersten Phase geht es darum, einen Überblick über den Lernstoff zu gewinnen und die Grundlagen für den Lernprozess zu schaffen:

  • Familialisierung mit dem Lernstoff: Du verschaffst Dir einen ersten, noch oberflächlichen Eindruck vom Lernmaterial. Du fertigst vielleicht eine Skizze an oder eine Kategorien-Torte, um die Inhalte und Kapitel grob einzuordnen.
  • Aktivierung des Vorwissens: Bestehende Wissensnetze & Assoziationen werden bewusst gemacht, um neue Informationen daran anzuknüpfen
  • Lernziele definieren: Du legst fest, was Du konkret erreichen möchtest (z.B. beim Sprachenlernen: verstehen, sprechen, lesen oder schreiben; bei einem ICD-11 Manual: psychische Störungen sowie die Kriterien benennen können.)

Lernphase 2: Denk-Modell(e)

In dieser Phase werden abstrakte Informationen in konkrete, gehirn-gerechte Strukturen übersetzt:

  • Konstruktion eines (dreidimensionalen) Modells: Du baust physisch oder mental ein Modell, das die Zusammenhänge des Lernstoffs visualisiert. Das kann ein Abbild des Gehirns mit Plastilin sein. Das kann eine Sketchnote sein, die verschiedene kognitive Denkverzerrungen miteinander vergleicht. Kinder, die Lego lieben, könnten die Kreislaufwirtschaft visualisieren.
  • Multimodale Verarbeitung: Durch die Kombination verschiedener Sinneskanäle (visuell, haptisch, auditiv) werden neuronale Verbindungen stärker aktiviert.
  • Tiefenverarbeitung: Du gehst „tiefer, als jede Paukerei Dich je führen könnte“ durch aktive Auseinandersetzung mit dem Stoff.
  • Analogien und Metaphern: Komplexe Sachverhalte werden durch bildhafte Vergleiche verständlich gemacht.

Diese Phase nutzt die Tatsache, dass unser Gehirn Informationen besser behält, wenn sie mit Bildern und räumlichen Vorstellungen verknüpft sind.

Lernphase 3: (Fach-)Begriffe

Nachdem die grundlegenden Strukturen etabliert sind, werden nun die spezifischen Fachbegriffe integriert:

  • Beschriftung des Modells: Das in Phase 2 erstellte Modell wird mit Fachbegriffen versehen. Zum Beispiel mit Post-ist oder durch Zahnstocher, auf denen die Beschriftung klebt (die kann man leicht in ein Plastilin-Gehirn stecken).
  • Verknüpfung von Wort und Bedeutung: Abstrakte Begriffe werden mit konkreten Vorstellungen verbunden
  • Vertiefung des Verständnisses: Wissen aus dem zweiten Stadium wird weiter vertieft
  • Aktives Handeln: Durch die manuelle Tätigkeit des Beschriftens wird das Wissen körperlich verankert

Birkenbihl betont, dass es nicht darum geht, „ob Sie gerne (oder gar gut) basteln“, sondern um den Lerneffekt durch die aktive Auseinandersetzung mit den Begriffen.

Lernphase 4: Intelligente Fragen

In dieser Phase wird das Wissen durch aktive Befragung gefestigt und erweitert:

  • Systematisches Hinterfragen: Sie stellen gezielte Fragen an den Lernstoff: Warum ist das so? Wie hängt x mit y zusammen? Wofür ist z wichtig?
  • Perspektivwechsel: Betrachtung des Themas aus verschiedenen Blickwinkeln. Wie würde ein Baumeister das Ganze betrachten? Was würde mein Lieblingslehrer dazu sagen?
  • Entdeckung von Zusammenhängen: Hintergründe oder Verbindungen zwischen isolierten Wissen werden erkannt
  • Praxistransfer: Wie kann ich das Wissen später gebrauchen?
  • Feynmann-Technik: Beantworte die Fragen so, dass ein 10-jähriger sie versteht.

Durch intelligentes Fragen werden Wissenslücken identifiziert und geschlossen. Gleichzeitig wird das Verständnis vertieft, indem neue Verbindungen im neuronalen Netzwerk geknüpft werden. Diese Phase darf auch spielerisch werden, indem man ein Quiz erstellt.

Lernphase 5: Virtual Reality

In der letzten Phase wird das Gelernte in einer simulierten Anwendungssituation erprobt:

  • Mentale Simulation: Sie stellen sich vor, wie Sie das Gelernte in realen Situationen anwenden. Beispiel Medizin: Der Patient kommt ins Krankenhaus und hat sich den Angulus sterni (Brustbeinwinkel) gebrochen. Muss er in die Notaufnahme? Warum (nicht)? Oder: Du bist ein Kriminalbeamter, der Facies lateralis (Wangenknochen) ist gebrochen. Wie konnte so etwas in einem Kampf nur mit einem dicken Holzbeil? Welche Kräfte mussten einwirken, um einen 80 kg schweren Mann so stark zu verletzen? So kann selbst das „Auswendiglernen“ vom menschlichen Skelett eine spannende Aufgabe werden.
  • Praxisnahe Übungen: Das Wissen wird in kontextbezogenen Szenarien erprobt
  • Transfer in den Alltag: Verbindung des Gelernten mit persönlichen Erfahrungen. Z.B. beim Auswendiglernen der Störungsdiagnostik (z.B. ICD-11): wen kennst Du, der eine dieser Diagnosen bekommen hat? Was ist Dir dabei aufgefallen?
  • Festigung durch Anwendung: Stell Dir vor, Du behandelst jemanden mit einem bestimmten Knochenbruch, wie gehst Du vor, was machst Du? Durch die imaginäre Anwendung werden neuronale Bahnen verstärkt.

Diese Phase nutzt die Erkenntnis, dass unser Gehirn kaum zwischen realer und intensiv vorgestellter Erfahrung unterscheiden kann. Die mentale Simulation bereitet optimal auf die tatsächliche Anwendung vor. Als ich die Virtual-Reality-Methode das erste Mal anwendete, habe ich auch gemerkt, dass es motiviert, weil man merkt, man kann den Stoff tatsächlich mal im echten Leben gebrauchen.

Birkenbihl betont: „So wie die Ente ‚entenartig‘ lernen muss, um eine gute Ente zu werden, so müssen Menschen auf eine Art lernen, die der Art des Menschen entspricht.“

Fun-Fact: So entstand übrigens auch der Begriff gehirn-gerecht von Vera F. Birkenbihl. Ein IT-Helfer sagte zu Birkenbihl. Sie solle „Computer-gerecht“ denken und sie antwortete schlagfertig, das Ding sollte „gehirn-gerecht“ aufgebaut sein.

Aber ist das nicht viel aufwendiger?

Ja und Nein. Ja, kurzfristig gesehen. Nein, langfristig gesehen. Da die Inhalte viel besser gespeichert sind, braucht es weniger Wiederholungen und ist so gesehen zeiteffizienter. Aber wenn Du jetzt gerade für eine Prüfung morgen lernst, geht es sich vielleicht nicht mehr aus.

Praxisbeispiel: Hormonsystem Adrenalin und Cortisol

Damit, dass ganze leichter verdaubar für Dich ist ein ganz kurzes Praxisbeispiel zum Thema: Adrenalin und Cortisol – Stressreaktion im Körper

Phase 1 – Start

  • Skizze: „Stress-Antwort“ als Ablaufdiagramm (Stressreiz → Hypothalamus → Nebennieren)
  • Vorwissen aktivieren: Was weiß ich über Stress? Wie fühlt er sich an? Wann hatte ich das zuletzt?
  • Ziel: Ich will verstehen, wie Adrenalin & Cortisol auf den Körper wirken – im Notfall oder bei Dauerstress.

Phase 2 – Denkmodell

  • Modell: Lego- oder Knet-Modell des Stresssystems (z.B. Hypothalamus → Hypophyse → Nebenniere)
  • Metapher: Adrenalin = „Notruf-Sirene“, Cortisol = „Versorgungswagen mit Langzeitvorräten“

Phase 3 – Begriffe

  • Beschriftung: Modell mit Begriffen wie HPA-Achse, Fight-or-Flight, CRH, ACTH, Sympathikus
  • Verknüpfung: Adrenalin → Herzfrequenz↑, Cortisol → Glukose↑
  • Haptisches Lernen: Die Zahnstocher-Beschriftungen ins Knetmodell stecken

Phase 4 – Intelligente Fragen

  • Warum wirken Adrenalin und Cortisol unterschiedlich schnell?
  • Warum werden Herzinfarkte bei Frauen und Männern unterschiedlich gut erkannt? Hat das auch mit den Hormonen zu tun oder nicht?
  • Was passiert bei dauerhaftem Cortisol-Anstieg?
  • Welche Symptome hätte ein Patient mit gestörter Cortisolproduktion?

Phase 5 – Virtual Reality

  • Szenario: Patient kommt mit Tachykardie und Angst – ist es Adrenalin-bedingt?
  • Transfer: Wie erkenne ich Nebenniereninsuffizienz im Alltag?
  • Simulation: Ich erkläre einem 12-Jährigen: „Adrenalin ist wie ein Feueralarm, Cortisol wie der Stromgenerator im Hintergrund.“

Und noch ein ganz spannendes Beispiel, womit Du Dich schon immer beschäftigen wolltest nämlich dem: § 305 ff. BGB – Einbeziehung von AGB in Verträge

Phase 1 – Start

  • Skizze: Entscheidungsbaum: „Wurde auf AGB hingewiesen?“ → „Konnte der Kunde sie zur Kenntnis nehmen?“
  • Vorwissen aktivieren: Wann habe ich zuletzt selbst AGB einfach akzeptiert?
  • Ziel: Ich will verstehen, wann AGB nicht Vertragsbestandteil werden.

Phase 2 – Denkmodell

  • Modell: Flipchart mit typischem Online-Kauf – Häkchenfeld „AGB akzeptieren“ als Sketchnote
  • Multimodal: Rollenspiel: Ich bin Käufer, der andere Verkäufer. (Hier könnte man auch einen kurzen Dialog verfassen.)
  • Metapher: AGB = „Spielregeln“, die nur gelten, wenn ich sie vorher gezeigt bekomme

Phase 3 – Begriffe

  • Beschriftung: Elemente wie „Überraschungsklausel“, „Einbeziehung“, „Unwirksamkeit“ auf Karteikarten am Modell
  • Verknüpfung: Überraschungsklausel = versteckte, überraschende Regel → häufig unwirksam
  • Aktives Handeln: Ich bastle einen Mini-Vertrag mit AGB-Checkliste

Phase 4 – Intelligente Fragen

  • Wann ist eine AGB-Klausel überraschend?
  • Was passiert, wenn AGB nicht wirksam einbezogen wurden?
  • Wie würde ein Verbraucher vs. ein Unternehmen das beurteilen?

Phase 5 – Virtual Reality

  • Szenario: Ich simuliere ein Mandantengespräch: „Meine Bank bucht plötzlich Gebühren – dürfen die das?“
  • Transfer: Ich erkläre einer Freundin ohne Jura-Hintergrund: „AGB gelten nur, wenn du vorher eine faire Chance hattest, sie zu lesen.“
  • Quiz: Was prüfe ich zuerst bei AGB? (Antwort: Einbeziehung, Transparenz, Überraschung)

Du siehst, die Methode ist grundsätzlich bei jedem neuen Thema möglich. Je nach Vorerfahrung und je nachdem, was Du wirklich wissen willst, änderst Du das Ganze ab. Wichtig: Wenn Du bereits viel Erfahrung in einem Thema hast (also z.B. ein abgeschlossenes Jura-Studium), dann reicht es oft, einen neuen Begriff zu googeln (da dieses neue Wissen ja an das alte gehängt wird). Wenn es schwierig ist, kannst Du Dir mit KI eine Analogie holen:

Die beste Mitschrift fürs Lernen

Die Cornell-Notizmethode: Strukturiertes Mitschreiben

Die Cornell-Notizmethode ist ein systematisches Format zum Anfertigen und Organisieren von Notizen, das in den 1950er Jahren von Walter Pauk an der Cornell University entwickelt wurde. Sie ist besonders effektiv für das Mitschreiben in Vorlesungen, Seminaren oder beim Lesen komplexer Texte.

Aufbau und Anwendung

Die Cornell-Methode basiert im Wesentlichen auf einer speziellen Aufteilung des Notizpapiers in drei Bereiche:

  1. Hauptnotizbereich (rechts): Hier werden während der Vorlesung oder beim Lesen die eigentlichen Notizen festgehalten. Dieser Bereich nimmt etwa zwei Drittel der Seitenbreite ein. Wichtig: Der Inhalt sollte paraphrasiert (also eigene Gedanken und Worte) aufgeschrieben werden und nicht einfach nur abgeschrieben.
  2. Zusammenfassungsbereich (unten): Ein Bereich von etwa 5-7 Zeilen am unteren Rand der Seite, in dem nach der Vorlesung eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte der Seite notiert wird.

Punkt 1 macht also fast jeder – wie gesagt geht es hier aber nicht um Abschreiben, sondern um Mitdenken, Filtern und erst dann Informationen aufs Papier bringen – und ja, auf Papier mitgeschriebenes verankert sich besser im Gehirn als auf dem Computer getipptes! Punkt 2 machen noch manche, aber meist direkt im Text. Dort kommen Fragen rein, die Dich interessieren oder Fragen zu Inhalten, die Du noch nicht verstehst. Dort kommen „Überschriften“ rein, damit die Mitschrift Struktur bekommt.


Durch dieses Durcharbeiten (während und/oder nach der Einheit), denkst Du nochmal aktiv und tiefer über alles nach. Punkt Nummer 3 ist für die meisten ganz neu. Jetzt ist die Idee direkt nach der Stunde (oder zumindest noch am selben Tag) ganz kurz, die gesamte Stunde zusammenzufassen. Durch diese Wiederholung sagst Du Deinem Gehirn sprichwörtlich, das ist wichtig, daran will ich mich erinnern.

Wichtig: Das funktioniert nur, wenn Du die Zusammenfassung aus Deinem Gedächtnis erstellst und nicht(!) nachschaust – im Nachhinein darfst Du natürlich nachschauen und egal, ob es falsch oder richtig war, in beiden Fällen hast Du viel gelernt.

Vorteile der Cornell-Methode

  • Aktive Verarbeitung: Durch das nachträgliche Formulieren von Fragen und Schlüsselbegriffen im linken Spaltenbereich, sowie die Zusammenfassung unten, wird der Stoff aktiv durchdacht und verarbeitet.
  • Effektives Lernen: Die Methode ist zeitmäßig effizienter, da Du schon während der Vorlesung und kurz danach Wiederholungseinheiten hattest.
  • Strukturierte Übersicht: Die klare Gliederung erleichtert das schnelle Erfassen der Inhalte bei späterem Durchsehen.

Untersuchungen zeigen, dass Studenten mit guten Mitschriften, sich an mehr wichtige Informationen erinnern als jene, die nur zuhören. Besonders effektiv ist dabei nicht die Menge der notierten Wörter, sondern die Qualität der Strukturierung. Je ökonomischer und fokussierter die Mitschriften gestaltet sind, desto besser ist der Lernerfolg.

Fun Fact: Ich hatte für die Statistik I Vorlesung in Psychologie eine Mitschrift von genau 5 Seiten (okay, ich habe sehr klein auf kariertem Papier geschrieben). Auf dem Schwarzen Brett konnte man sich für 30 Euro – für einen Studenten damals eine Stange Geld – eine Mitschrift für Statistik I von sage und schreibe 150 Seiten kaufen. Dies Mitschrift ist nicht durchdacht und hat wahrscheinlich wenig kognitive Aktivierung beim Erstellen bewirkt – so sollte eine sinnvolle Mitschrift also nicht sein! So hab’ ich eine 1 mit praktisch keinem Lernaufwand bekommen – diesen hatte ich ja schon in der Statistik-Vorlesung – aber dafür hab ich auch kein Geld verdient 😉.

Praxistipp

Verwende für die Cornell-Methode entweder speziell vorgedruckte Notizblätter (Hochformat, Querformat)
Beides CC0 1.0 Lizenz. Das heißt Du darfst alles damit machen und brauchst keine Quelle angeben.

Ressource

Lernen mit Sketchnotes

Sketchnotes sind visuelle Notizen, die Text, Symbole und einfache Zeichnungen kombinieren – quasi visuelle Spickzettel für Dein Gehirn. Anders als bei klassischen Notizen bringst Du hier Deine Gedanken nicht nur mit Worten, sondern auch mit Bildern zu Papier. Das Beste: Es geht nicht um Kunst, sondern um Ideen!

Warum Sketchnotes Dein Lernen und Denken transformieren kann

  • Visuelle Erinnerung: Bilder prägen sich tiefer ein als Worte allein
  • Aktive Verarbeitung: Beim Zeichnen verarbeitest Du Informationen intensiver
  • Ganzheitliches Denken: Du siehst Zusammenhänge besser und erfasst das große Ganze
  • Bessere Konzentration: Wenn Du aktiv zuhörst und zeichnest, gibt es weniger Raum für Ablenkung

Sofort starten – auch ohne Zeichentalent!

Vergiss den Gedanken „Ich kann nicht zeichnen“. Bei Sketchnotes geht es um Ideen, nicht um Kunst! Gerade „schlechte“ Zeichnungen können gute Ideen vermitteln – bei zu schönen Bilder schaut man oft mehr auf die Optik, als auf den Inhalt!

So startest Du:

  1. Nimm Dir ein Blatt Papier und einen Stift – mehr brauchst Du nicht
  2. Beginne klein – reserviere eine Ecke Deiner normalen Notizen für erste Versuche
  3. Nutze einfache Formen – mit Kreis, Quadrat, Dreieck, Linie und Punkt kannst Du fast alles darstellen
  4. Füge Text hinzu – kombiniere Deine Symbole mit Stichworten
  5. Experimentiere – finde Deinen eigenen Stil, es gibt kein richtig oder falsch

Beispiel: Das menschliche Gehirn als Sketchnote

Stell Dir vor, Du möchtest das menschliche Gehirn und seine Funktionen visualisieren. So könnte eine einfache Sketchnote aussehen:

  • In der Mitte: Ein Gehirn (einfach als Wolke mit ein paar Windungen gezeichnet)
  • Oben rechts: Ein Zahnrad (Kreis mit Zacken) für „Logisches Denken“
  • Unten rechts: Ein Blitz (Zickzack-Linie) für „Nervensignale“

Verbinde diese Elemente mit Pfeilen oder Linien und füge kurze Stichworte hinzu – fertig ist Deine Gehirn-Sketchnote!

Sketchnote Confirmation Bias

Tipp: Du kannst die Sketchnote direkt mit der Cornell-Notizmethode – so wie mit jeder anderen Notiz-Methode verknüpfen.

 

Die Fünf-Schritt-Methode zum Lernen mit Texten

Mit der Birkenbihl-Methode lernst Du komplett neue Lerninhalte besonder gut. Cornell ist gut für Vorlesungen, Schulstunden oder Youtube-Videos geeignet und die Fünf-Schritt-Methode ist ein strukturierter Ansatz zum effektiven Arbeiten mit Texten. Sie hilft dabei, Texte nicht nur zu lesen, sondern wirklich zu verstehen und das Gelesene langfristig zu behalten.

1. Überblick verschaffen

Zunächst verschafft Du Dir einen Überblick über den Text. Dies dient dazu, zu entscheiden, ob der Text für die eigene Fragestellung relevant ist und welche Themen behandelt werden. Hilfreich ist dafür der Klappentext, das Inhaltsverzeichnis und manchmal auch ein kurzes Durchblättern des Buches.

2. Fragen formulieren

Nun formulierst Du konkrete Fragen, die er durch das Lesen des Textes beantworten möchte. Dies ist eine explizite Lernzielformulierung, die den Leseprozess fokussiert und zielgerichtet macht. Dadurch wirst Du alles danach besser lernen (selbst, wenn die Frage im Text nicht beantwortet werden). Beispielfragen:

  • Wofür ist der Confirmation Bias gut?
  • Welche Hormone haben beim Verlieben den größten Einfluss – und welche in einer langjährigen Partnerschaft?
  • Wie kann ich in der halben Zeit dieselben Noten nach Hause bringen?

3. Text lesen

Der Text wird nun gezielt im Hinblick auf die formulierten Fragen gelesen. Dadurch wird sowohl eine Auswahl der relevanten Inhalte als auch eine Einordnung in größere Zusammenhänge möglich. Du lernst automatisch mehr und dass in weniger Zeit – da Du unter Umständen auch Passagen überspringst die für Dein Lernziel einfach irrelevant sind.

4. Gedächtnisabruf

Nach dem Lesen (in Blöcken) erfolgt ein aktiver Abruf des Gelesenen aus dem Gedächtnis, ohne in den Text zu schauen. Dieser Schritt ist entscheidend für die Verankerung im Langzeitgedächtnis und ermöglicht eine Überprüfung des eigenen Verständnisses.

5. Rückblick und Reflexion

Abschließend wird der gesamte Text noch einmal betrachtet: Wie würde man ihn in einer Rezension besprechen? Wie ordnet er sich in das Vorwissen ein? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Thesen? Kann man Kritik üben? Anhand des Textes wird kontrolliert, ob die Antworten richtig waren.

Vorteile der Methode

  • Aktives Lernen: Durch die Formulierung von Fragen und den aktiven Abruf wird der Lernende zum aktiven Teilnehmer statt zum passiven Konsumenten.
  • Tieferes Verständnis: Die Methode fördert ein tieferes Verständnis der Inhalte statt oberflächlichen Lesens.
  • Bessere Behaltensleistung: Durch den aktiven Abruf und die Reflexion werden die Inhalte besser im Langzeitgedächtnis verankert.
  • Kritisches Denken: Der letzte Schritt fördert kritisches Denken und die Einordnung des Gelesenen in größere Zusammenhänge.

Praxistipp

Kombiniere die Fünf-Schritt-Methode bei umfangreichen Büchern mit der Cornell-Notizmethode: Notieren Deine Fragen in der linken Spalte, Ihre Notizen zum Text in der rechten Spalte und Ihre Zusammenfassung im unteren Bereich.

Lerntechniken & Lerntipps für tieferes Lernen

Elaboration – Faktenlernen leicht gemacht

Elaboration ist eine Lernstrategie, bei der bedeutungsarmer Stoff mit Sinn angereichert wird, um ihn leichter zu lernen. Diese Technik ist besonders nützlich für das Faktenlernen, unabhängig davon, ob die Fakten mündlich oder schriftlich dargeboten werden.

Grundprinzip der Elaboration

Das Grundprinzip der Elaboration besteht darin, neue Informationen mit bereits vorhandenem Wissen zu verknüpfen und ihnen dadurch mehr Bedeutung zu verleihen. Dies entspricht der natürlichen Funktionsweise unseres Gehirns, das neue Informationen besser behält, wenn sie in bestehende Wissensstrukturen eingebettet werden können.

Lerntechnik: Elaboration

  1. Visualisierung: Umwandlung abstrakter Informationen in bildhafte Vorstellungen
  2. Analogiebildung: Vergleich neuer Informationen mit bereits bekannten Konzepten. Praxistipp: Lass KI eine Analogie erstellen, zum Beispiel mit:
  1. Beispielgenerierung: Entwicklung eigener Beispiele zu abstrakten Konzepten. Wenn ich Jurist wäre, wie würde ich den Paragrafen im Fall X zu meinem Vorteil nutzen können?
  2. Selbsterklärung: Erklärung des Lernstoffs in eigenen Worten
  3. Anwendungsbezug: Herstellung von Bezügen zur eigenen Lebenswelt. Wo kenne ich das (zumindest in Auszügen)?
  4. Emotionale Verknüpfung: Persönliche Bezüge herstellen, Geschichten erfinden
  5. Einen Sketch inszenieren: Man tut etwas (sehr multisensorisch, sprich alle Sinne sind beteiligt)
  6. Prüfungssimulation im Stil von Wer wird Millionär

Anwendungsbeispiel

Beim Lernen historischer Daten (z.B. „1789 – Beginn der Französischen Revolution“) könnte eine Elaboration so aussehen:

  • Visualisierung: Bildhafte Vorstellung oder Sketchnote der stürmenden Bastille
  • Analogiebildung: Vergleich mit anderen Revolutionen oder Umbrüchen
  • Selbsterklärung: „Die Französische Revolution, begann 1789 als Aufstand gegen die absolute Monarchie. Ursachen waren: soziale Ungleichheit, wirtschaftliche Probleme und auch die amerikanische Revolution die wenigen Jahrzehnte zuvor ausbrach.“
  • Anwendungsbezug: Überlegung, welche Auswirkungen dieses Ereignis auf die heutige politische Situation hat
  • Sketch: Ein fiktiver, aber passender Dialog zwischen dem Monarchen und einem Bauern wird geschrieben und aufgeführt.

Wirksamkeit der Elaboration

Elaborative Techniken sind besonders wirksam, weil sie:

  • Die Tiefe der Verarbeitung erhöhen
  • Mehrere Gedächtnispfade zum Abruf der Information schaffen
  • Die Motivation durch persönlichen Bezug steigern
  • Das Verständnis fördern statt reines Auswendiglernen

Praxistipp:
Je persönlicher und emotionaler oder krasser Deine Elaborationen sind, desto besser wirst Du Dich an die Informationen erinnern können.

 

Intelligente Fragetechniken: Die einfachste Lerntechnik für bessere Noten

Fragen sind mächtige Werkzeuge für das Lernen. Wie Birkenbihl betont: „Echte Fragen lösen automatisch Denk-Vorgänge aus, deshalb sind Frage-Techniken viel erfolgreicher als Sage-Techniken.“ Unser Gehirn ist darauf programmiert, auf Fragen zu reagieren und nach Antworten zu suchen.

Es gibt zwei grundlegende Fragetypen:

  • Geschlossene Fragen: Können mit Ja/Nein beantwortet werden, eignen sich für präzise Informationsgewinnung
  • Offene Fragen: Beginnen mit W-Wörtern (Wie, Was, Warum, Wer, Wann, Wo), fördern ausführlichere Antworten und tieferes Denken

Die Beantwortung von Fragen nach jedem Leseabschnitt steigert die Lernleistungen von Schülern deutlich.

Praxistipp

Stelle Dir direkt nach diesem Abschnitt ein paar Fragen. Zum Beispiel:
1. Welche Fragen sind in bei meinem Lernstoff hilfreich?
2. Was habe ich gerade über Fragen erfahren, was ich direkt beim Lernen anwenden kann?
3. Was ist die Kernessenz dieses Absatzes?

Fragen an Texte und Lerninhalte stellen

  • Vorwissen aktivieren: „Was weiß ich bereits über dieses Thema?“
  • Zusammenhänge erfragen: „Wie hängt dieses Konzept mit anderen zusammen?“
  • Anwendungsfragen: „Wie könnte ich dieses Wissen praktisch in meinem Leben nutzen? Welche Vorteile könnten mir daraus entstehen?“
  • Kritische Fragen: „Welche Gegenargumente gibt es zu dieser Position?“
  • Transferfragen: „Wo sonst könnte dieses Prinzip anwendbar sein?“

Merke: Seine Fragetechniken zu verbessern und zu nutzen ist wahrscheinlich eine der einfachsten, schnellsten und gleichzeitig unglaublich nachhaltigsten Methoden, um schneller und tiefer zu lernen. Lege also am besten jetzt gleich eine Liste mit den besten Fragen zum Lernen an, je öfter Du Dir gute Fragen stellst, desto besser wirst Du darin.

 

Zeitmanagement, Lernorganisation & Lernstrategien

Effektive Lernplanung

Die besten Lerntechniken helfen nichts, wenn ich zu spät angefangen oder kein Ziel vor Auge habe. Daher ist es sinnvoll, bei (größeren) Lernprojekten folgende Analyse zu machen:

  1. Ist-Erhebung: Analyse der verfügbaren Lernzeit und des eigenen Lernverhaltens
  2. Soll-Erhebung: Klare Definition der Lernziele und des benötigten Zeitaufwands
  3. Ist-Soll-Vergleich: Realistische Einschätzung der Machbarkeit und Anpassung der Planung

Am besten beginnst Du mit dem Prüfungszeitpunkt und arbeitest Dich von dort in Richtung auf den gegenwärtigen Zeitpunkt für die Planung. Nach diesem langfristigen Plan kannst Du auch kurzfristige Arbeitspläne erstellen.

Bei der Tagesplanung sollten physiologische Leistungsschwankungen berücksichtigt werden. Diese sind zwar hochindividuell, aber es gibt ein paar Richtwerte:

  • Leistungsmaximum meist vormittags zwischen 8 und 10 Uhr
  • Erster Tiefpunkt zwischen 14 und 15 Uhr
  • Zweite Spitze gegen 17 Uhr
  • Kontinuierlicher Rückgang bis zum Tiefpunkt zwischen 2 und 4 Uhr morgens

Die Pomodoro-Technik für fokussiertes Lernen (Lernstrategie)

Die Pomodoro-Technik ist eine bewährte Methode für fokussiertes Arbeiten:

  1. Aufgabe definieren: Konkrete Lernaufgabe festlegen
  2. Timer stellen: Typischerweise 25 Minuten (ein „Pomodoro“)
  3. Konzentriert arbeiten: Ohne Unterbrechungen bis der Timer klingelt
  4. Kurze Pause: 5 Minuten Pause einlegen
  5. Wiederholen: Nach vier Pomodoros eine längere Pause (15-30 Minuten) machen

Spaced Repetition: Optimale Wiederholungsintervalle

Spaced Repetition (verteiltes Lernen) nutzt die Erkenntnisse der Vergessenskurve, um Wiederholungen optimal zu planen:

  1. Erste Wiederholung: Kurz nach dem initialen Lernen (innerhalb von 24 Stunden)
  2. Zweite Wiederholung: Nach etwa 2-3 Tagen
  3. Dritte Wiederholung: Nach etwa einer Woche
  4. Weitere Wiederholungen: In zunehmend größeren Abständen

Als gesichert gilt, dass verteiltes Üben effektiver ist als massiertes Üben. Es ist besser, Vokabeln an acht Tagen täglich einmal zu lernen, als an einem Tag 8-mal.

Moderne Spaced-Repetition-Systeme wie Anki passen die Wiederholungsintervalle automatisch an die individuelle Lernleistung an.

Digitale Lernwerkzeuge und -methoden

Hier ein paar Tipps für bewährte Lernapps.

Spaced-Repetition-Apps:

  • Anki: Flexibles Karteikartensystem mit adaptiven Wiederholungsintervallen
  • Quizlet: Benutzerfreundliche Lernkarten mit verschiedenen Lernmodi
  • Rosetta Stone: Alternatives Sprachenlernproramm teilweise ähnlich wie bei der Birkenbihl-Sprachenlern-Methode (25 Sprachen werden derzeit unterstützt)

Notiz- und Organisationstools:

  • Evernote: Digitales Notizbuch mit leistungsstarker Suchfunktion
  • Obsidian: Flexibles Notizprogramm im praktischen Markdown-Format und vielen Erweiterungsmöglichkeiten
  • Loqseq: Open-source alterantive zu Obsidian.
  • Zettlr: Markdown-Editor mit Zettelkasten-Funktionalität

Fokus-App:

  • Forest: Gamifizierte Pomodoro-App

Prüfungsvorbereitung und Stressbewältigung

Strategien für effektives Prüfungslernen

  1. Prüfungsformat analysieren: Prüfe Dich selbst im möglichst demselben ‚Format‘, in dem auch die Prüfung stattfindet. Birkenbihl nennt das den Tapeteneffekt. Wenn wir immer vor einer bestimmten Tapete etwas lernen, lernen wir die „Tapete mit“, das bedeutet, dass wir in diesem Kontext (vor der Tapete sitzend) uns besser an den Lerninhalt erinnern können, als später stehend im Klassenzimmer.
  2. Perspektivenwechsel: Prüfe Dich selbst und frage Dich dann: Versetzen Sie sich jeweils in die Rolle des Prüfers. Wie würden Sie, wenn Sie der Prüfer wären, Ihren Aufsatz bewerten?
  3. Aktives Abrufen üben: Der beste Lernerfolg wird in der Regel bei einer Aufteilung der Gesamtzeit in Selbstprüfen (Reproduktion) und Wiederholung im Verhältnis 3 zu 2 erreicht.
  4. Prüfungssimulation: Durch Übungsprüfungen unter realistischen Bedingungen kann die Prüfungssituation simuliert werden. Beachte hierbei den Tapeten-Effekt, wenn Du im Stehen geprüft wirst, steh auch in der Simulation. Wenn es eine Zeitvorgabe gibt, nutze auch in der Simulation einen Timer. Du kannst auch dieselbe Kleidung anziehen wie in der Prüfung. Alles, was Ähnlichkeit schafft, hilft Dir später beim Abrufen Deines Wissens.
  5. Lerngruppen nutzen: Gegenseitiges Abfragen und Erklären festigt das Wissen und deckt Lücken auf.

Umgang mit Prüfungsangst

Prüfungsangst ist ein weit verbreitetes Phänomen, das die Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen kann. Wirksame Strategien gegen Prüfungsangst umfassen:

  1. Systematische Desensibilisierung: Eine bewährte Technik, bei der in drei Schritten vorgegangen wird:
    • Erlernen einer Entspannungstechnik
    • Erstellung von Angsthierarchien (Situationen nach Angstintensität geordnet)
    • Konfrontation mit den angsterzeugenden Reizen im entspannten Zustand
  2. Kognitive Umstrukturierung: Negative Gedanken identifizieren und durch realistische ersetzen:
    • „Ich werde alles vergessen“ → „Ich habe gut gelernt und werde das meiste wissen“
    • „Ich muss alles perfekt können“ → „Niemand erwartet, dass ich alles weiß“
  3. Rollenspiele: Rollenspiele bauen sehr effektiv Stress ab, da sie näher an der echten Prüfung dran sind.
  4. Visualisierungstechniken: Stell Dir vor, wie Du selbst erfolgreich die Prüfung bestehst, obwohl Du die eine oder andere Wissenslücke hattest das kann gegen Stress helfen.
  5. Positiver Anker: Hast Du einen Lieblingsstein oder etwas, was Du in die Prüfung mitnehmen kannst? Wenn Dieser Stein positive Assoziationen weckt, kann er dies auch potenziell in der Prüfung bewirken – und man ist nicht ganz „alleine“ 😊.

„Akuter Stress ist eine biologisch sinnvolle Anpassung an Gefahr im Verzug. Chronischer Stress hingegen ist heute eine der wesentlichen Ursachen von Zivilisationskrankheiten. Während akuter Stress – wahrscheinlich über den Sympathikus vermittelt – zu verbessertem Lernen führen kann, haben extrem starker und insbesondere chronischer Stress negative Auswirkungen auf das Gedächtnis.“ (Manfred Spitzer)

Lernhacks: Schlaf, Ernährung, Bewegung & Lernort

Die Lernumgebung: Wie sie Dir beim Lernen hilft

Aufgeräumte Lernumgebung – Ordnung für den Kopf

Eine aufgeräumte Lernumgebung trägt wesentlich zur Konzentration bei. Wenn Dein Schreibtisch frei von unnötigen Gegenständen ist, schweift Dein Blick nicht ab und Deine Gedanken bleiben fokussiert. Studien zeigen, dass visuelle Unordnung kognitive Ressourcen bindet, die Dir dann beim Lernen fehlen. Räume daher regelmäßig auf und behalte nur die Materialien griffbereit, die Du aktuell benötigst. Eine gute Faustregel: Am Ende jeder Lerneinheit fünf Minuten zum Aufräumen einplanen.

Lernumgebung als Anker etablieren

Feste Lernorte schaffen wichtige psychologische Anker. Wenn Du immer am gleichen Ort lernst, verknüpft Dein Gehirn diesen Platz automatisch mit konzentrierter Arbeit. Dieser Konditionierungseffekt hilft Dir, schneller in den Lernmodus zu kommen. Besonders effektiv ist es, wenn dieser Ort ausschließlich zum Lernen genutzt wird. So vermeidest Du Ablenkungen und Assoziationen mit anderen Aktivitäten wie Freizeit oder Unterhaltung.

Lernroutinen entwickeln

Routinen geben Struktur und reduzieren Entscheidungsmüdigkeit. Entwickle feste Lernzeiten und -abläufe, um mentale Energie zu sparen. Eine effektive Routine könnte so aussehen:
– Immer zur gleichen Zeit beginnen
– Mit einem kurzen Ritual starten (z.B. Tee zubereiten, Lernplan durchsehen)
– Blockweise lernen (z.B. 25 Minuten Konzentration, 5 Minuten Pause)
– Nach längeren Einheiten bewusst abschließen
Diese Gewohnheiten signalisieren Deinem Gehirn den Wechsel zwischen verschiedenen Modi und steigern langfristig Deine Lerneffizienz.

Lernen im Schlaf.?

Bewegung hat vielfältige positive Effekte auf das Gehirn:

  • Durchblutungsförderung: Mehr Sauerstoff und Nährstoffe gelangen ins Gehirn
  • Neurotransmitter-Ausschüttung: Bewegung erhöht die Konzentration von Dopamin, Serotonin und Noradrenalin
  • BDNF-Produktion: Der „Brain-Derived Neurotrophic Factor“ fördert das Wachstum neuer Nervenzellen und ist damit absolut essenziell für Lernen
  • Stressreduktion: Körperliche Aktivität senkt den Cortisolspiegel

Bewegung ist nicht nur für den Körper, sondern auch für das Gehirn essentiell. Mit Bewegung ist übrigens kein Leistungssport gemeint, reines spazieren gehen ist voll kommen ausreichend.

Für gehirn-gerechtes Lernen bedeutet dies:

  • Regelmäßige Bewegungspausen während des Lernens einlegen
  • Komplexe Bewegungen (z.B. Tanzen, Jonglieren) fördern die Vernetzung im Gehirn
  • Lerninhalte mit Bewegung verbinden (z.B. beim Gehen wiederholen oder an einem Ort Lernen wo ich auch immer wieder mal aufstehen muss um Materialien zu holen, etc.)
  • Ergonmische Stühle (auf denen man sich Bewegen kann) oder Stehpults nutzen.

Ernährung die Dein Lernen unterstützt

Die Ernährung hat direkten Einfluss auf die Gehirnfunktion. Das Gehirn benötigt etwa 20% der gesamten Energie des Körpers (gleichzeitig hat Dein Gehirn nur etwa einen Gewichtsanteil von nur 2%!). Folgendes liebt das Gehirn:

  • Omega-3-Fettsäuren: Wichtig für die Struktur der Nervenzellmembranen
  • Antioxidantien: Schützen Nervenzellen vor oxidativem Stress
  • Vitamine und Mineralstoffe: Essenziell für die Neurotransmittersynthese

Für gehirn-gerechtes Lernen bedeutet dies:

  • Leichtes Essen (z. B. Salat) ist vor Lerneinheiten deutlich besser für die Konzentration
  • Ausreichend Wasser trinken (Dehydration beeinträchtigt die kognitive Leistung)
  • Übermäßigen Konsum von Zucker und stark verarbeiteten Lebensmitteln vermeiden
  • Lebensmittel mit hohem Gehalt an Omega-3-Fettsäuren bevorzugen (Leinöl, Leinsamen, Chiasamen, Walnüsse, Thunfisch (bio))

Schlaf und Lernen

Der Schlaf spielt die zentrale Rolle bei der Gedächtniskonsolidierung:

  • Schlafphasen: Besonders der Tiefschlaf und der REM-Schlaf sind wichtig für die Gedächtnisbildung. Nun werden die „Inhalte ins Langzeitgedächtnis“ übertragen.
  • Neuronale Reaktivierung: Im Schlaf werden tagsüber gelernte Inhalte reaktiviert
  • Synaptische Homöostase: Im Schlaf werden unwichtige synaptische Verbindungen geschwächt, wichtige gestärkt

„Lernen im Schlaf“ ist tatsächlich möglich, allerdings nicht durch passive Aufnahme während des Schlafens, sondern durch aktive Verarbeitung des tagsüber Gelernten.

Für gehirn-gerechtes Lernen bedeutet dies:

  • Ausreichend Schlaf (7-9 Stunden für Erwachsene; +9 für Kinder – je jünger, desto mehr)
  • Regelmäßige Schlafzeiten
  • Schlafhygiene beachten: ruhige, dunkle & kühle Umgebung, keine elektronischen Geräte vor dem Schlafengehen (Stichwort: bluescreen), kein schweres Essen & Sport direkt vorm Schlafen gehen.

Fazit: Mit den richtigen Lernmethoden zum Erfolg

Wenn Du etwas gänzlich neues Lernen willst (sprich kein oder kaum Vorwissen besteht) nutze die Birkenbihl-Methode, wenn Du nach der Schule oder Uni, weniger Lernzeit einplanen willst – bei gleichem oder besseren Ergebnis, nutze die Cornell-Noitz-Mehode. Wenn Du selbstständig lernst oder aus Bücher bzw. Videos lernst, nutze die 5-Schritte-Lernmethode. Wenn Du Dich vertiefen möchtest und schon Vorwissen da ist nutze Lerntechniken aus dem Elaborativen bereich. Wenn Du gut lernst, aber Deine Ergebnisse bei Prüfungen nicht entsprechend sind nutze die Prüfungsvorbereitungsstrategien.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Lernen lernen

Was bedeutet „Lernen lernen“?

Lernen lernen bedeutet, die effektivsten Methoden zu entdecken, mit denen Dein Gehirn am besten arbeitet. Es geht darum, den Lernprozess selbst zu verstehen und zu optimieren, statt sich mit ineffizienten Techniken abzumühen. Im Kern bedeutet es, zwei Hauptphasen zu meistern: Wissen aufnehmen und einordnen sowie Wissen abrufen. Mit den richtigen Techniken kannst Du viel schneller verstehen und musst letztendlich weniger Zeit mit Wiederholungen verbringen.

Gibt es wirklich verschiedene Lerntypen?

Die populäre Vorstellung von festen Lerntypen (visuell, auditiv, kinästhetisch) ist wissenschaftlich nicht belegt. Im Gegenteil sind multimodale Lernerfahrungen (also z. B. das Anbieten von visuellen UND auditiven UND kinästhetischen Reizen), singulären Reizen (nur visuell für „visuelle Typen“) sogar immer überlegen. (Falls Du doch eine andere Studie dazu findest, schick sie mir bitte an info@bildungsimpuls.com. Danke:).

Wie kann ich Prüfungsangst überwinden?

Prüfungsangst lässt sich durch systematische Desensibilisierung, kognitive Umstrukturierung, gute Vorbereitung und Entspannungstechniken reduzieren. Auch das Durchgehen des „Worst Case“-Szenarios und wie man dann damit weiter umgeht, kann helfen. Tipp frage Dich dann auch auf einer Skala von 0 bis 10, wie wahrscheinlich das Szenario ist. Die Vorstellung, dass Deine Mitschüler Dich mit faulen Eiern bewerfen, mag zwar stressen, aber tatsächlich kenne ich niemanden, dem das wirklich schon mal passiert ist.

Wie viel sollte ich am Tag lernen?

A: Die optimale Lernzeit hängt von individuellen Faktoren ab. Nicht die Menge der investierten Zeit ist entscheidend, sondern die Qualität des Lernens. Wenn Du etwas stur wiederholst, hat das wenig Effekt im Gegensatz dazu, wenn Du etwas wirklich verstanden hast. Wenn Du etwas in der Tiefe und für Dein eigenes Leben elaborierst (also wirklich in tiefere Bedeutungsschichten bearbeitest) hat das mehr Effekt als, wenn du etwas nur verstanden hast. Unabhängig von der verbrachten Lernzeit.

Faustregeln für effektive Lernzeiten:
Regelmäßige kürzere Einheiten: kurze Einheiten statt Marathonsitzungen
– Pausen einplanen: Zum Beispiel 25-30 Minuten konzentrierter Arbeit eine kurze Pause einlegen. Wenn die Konzentration dafür nicht ausreicht, kannst Du auch mit weniger beginnen und Dich langsam steigern, auch 90 Minuten am Stück sind so problemlos möglich – mit etwas Training.
Tagesrhythmus beachten: Individuelle Leistungshöhepunkte nutzen (manche lernen morgens besser, andere abends)
– Abwechslung einbauen: Verschiedene Lernmethoden und Themen im Wechsel bearbeiten. Ganz schlecht ist es ähnliche Lernthemen nacheinander zu bearbeiten, also z.B. spanisch als Fremdsprache und dann englisch als Fremdsprache.
Auf Ermüdungssignale achten: Bei nachlassender Konzentration eine längere (Bewegungs) Pause einlegen oder die Lernmethode wechseln

Wie kann ich mein Gedächtnis verbessern?

Das Gedächtnis lässt sich durch verschiedene Strategien trainieren und optimieren:
1. Multimodale Verarbeitung: Informationen über mehrere Sinneskanäle aufnehmen (sehen, hören, handeln)
2. Elaboration: Bedeutungsarmen Stoff mit Sinn anreichern durch Verknüpfung mit bereits bekanntem
3. Mnemotechniken: Spezielle Gedächtnistechniken wie die Loci-Methode oder Ersatzwortmethode nutzen
4. Aktives Abrufen üben: regelmäßiges Selbstabfragen statt passivem Wiederlesen
5. Wissens-Netz erweitern: Je mehr Du weißt, desto leichter kannst Du neues Wissen aufnehmen. Wenn Du 10 Sprachen fließend sprichst, ist es vergleichsweise einfach, eine 11 zu lernen. Wenn Du noch keine Fremdsprache kannst, dann ist es jedoch mühseliger.
6. Spaced Repetition: Wiederholungen in optimalen Zeitabständen planen
7. Kategorisierung: Informationen in sinnvolle Kategorien einordnen
8. Assoziationen & Analogien bilden: Frage Dich, bei neuen Lerninhalten: woran erinnert Dich das? Womit verbindest Du das? Findest Du Analogien?

Welche der verschiedenen Lernmethoden oder Lerntechniken ist die beste?

Es gibt nicht die eine beste Lernmethode für alle. Die Wirksamkeit hängt von persönlichen Vorlieben, dem Lernstoff und dem Lernziel ab. Einige wissenschaftlich fundierte Ansätze:
1. Aktives Lernen durch Fragen: Selbstprüfung und Wiederholung
2. Fünf-Schritt-Methode für Texte: Überblick verschaffen
– Fragen formulieren
– Text lesen
– Inhalt aus dem Gedächtnis wiedergeben
– Rückblick und Einordnung
3. Multimodale Verarbeitung: Kombination verschiedener Sinneskanäle
4. Visualisierungsmethoden: Sketchnote
5. Elaborative Techniken: Bedeutungsarmen Stoff mit Sinn anreichern

Wie bereite ich mich optimal auf Prüfungen vor?

Eine optimale Prüfungsvorbereitung umfasst mehrere Komponenten:
1. Langfristige Planung: Vom Prüfungstermin rückwärts planen und realistische Zeitpläne erstellen
2. Prüfungsformat analysieren: Es ist sinnvoll, das Gelernte in dem ‚Format‘ zu überprüfen, in dem auch die Prüfung stattfindet. Also bei mündlichen Prüfungen lässt Du Dich mündlich abfragen. Bei schriftlichen, schriftlich. Wenn Du in der Prüfung mit Stift und Papier schreibst, tust Du das auch in der Prüfungsvorbereitung.
3. Perspektivenwechsel: Versetzen Dich jeweils in die Rolle des Prüfers. Wie würdest Du die Klausur bewerten, wenn Du der Prüfer wärst?
4. Prüfungssimulation: Übungsprüfungen unter realistischen Bedingungen durchführen
5. Aktives Abrufen üben: Erstelle Dir selbst Quizze (oder nutze KI dafür) und prüfe Dich selbst.
6. Lerngruppen nutzen: Gegenseitiges Abfragen und Erklären
7. Angstbewältigung: Entspannungstechniken und kognitive Umstrukturierung negativer Gedanken

Wie kann ich meine Konzentration verbessern?

Konzentrationsfähigkeit lässt sich durch verschiedene Strategien steigern:
1. Optimale Lernumgebung schaffen: Ablenkungen minimieren (wenn Dein Smartphone ausgeschaltet aber sichtbar ist, schwächt das nachweislich Deine Konzentration!), angenehme Arbeitsatmosphäre
2. Pausen-Management: Regelmäßige kurze Pausen einlegen, bevor die Konzentration nachlässt
3. Aktivierungsniveau regulieren: Ein mittleres Erregungsniveau ist optimal für kognitive Leistungen
4. Aufmerksamkeitstraining: Gezielte Übungen zur Steigerung der Konzentrationsfähigkeit
5. Bewegung einbauen: körperliche Aktivität vor oder zwischen Lernphasen
6. Fokussierungstechniken: Pomodoro-Technik (25 Minuten konzentriertes Arbeiten, 5 Minuten Pause)
7. Digitale Ablenkungen reduzieren: Smartphone ausschalten und in einen anderen Raum legen

Wie kann ich mein Wissen langfristig behalten?

Für langfristiges Behalten sind folgende Strategien hilfreich:

1. Spaced Repetition: Wiederholungen in optimalen Zeitabständen planen
2. Tiefenverarbeitung: Informationen verstehen statt auswendig lernen
3. Anwendung: Gelerntes in praktischen Kontexten anwenden
4. Wissensverknüpfung: Neue Informationen mit bestehendem Wissen verbinden
5. Wissensmanagement: Systematische Organisation von Informationen
6. Regelmäßige Wiederholung: Birkenbihl betont die Bedeutung „intelligenter Wiederholungen“
7. Multimodale Verarbeitung: Informationen über mehrere Sinneskanäle aufnehmen und verarbeiten

Wie lernt man wieder zu Lernen?

Um wieder zu lernen, musst Du zunächst Dein Vorwissen aktivieren und neue Informationen damit verknüpfen. Beginne mit zwei grundlegenden Techniken: verstehendes Lernen (Zusammenhänge erkennen) und Active Recall (Wissen aktiv abrufen). Stelle Dir selbst Fragen zum Stoff – nicht zu leicht, aber auch nicht zu schwer. Dein Gehirn belohnt sich, wenn Du die Antwort findest, und bildet neue Verbindungen. Unterteile Deinen Lernprozess in Phasen: Wissen aufnehmen, einordnen und später abrufen.

Verstehendes Lernen – was ist das?

Verstehendes Lernen ist ein Konzept, bei dem Du neues Wissen an bestehendes Vorwissen anknüpfst und Zusammenhänge visualisierst. Dein Gehirn denkt in Verbindungen, nicht in isolierten Fakten. Statt Informationen auswendig zu lernen, geht es darum, sie wirklich zu verstehen und einzuordnen. Dies führt dazu, dass Du mit der Zeit immer schneller lernst, weil Du auf ein wachsendes Netzwerk von Wissen aufbauen kannst. Es ist der Unterschied zwischen oberflächlichem Auswendiglernen und tiefem Verständnis.

Warum fällt Schülern das Lernen oft schwer?

Schülern fällt das Lernen oft schwer, weil sie versuchen, sich Wissen einzuprägen statt zu verstehen. Viele nutzen ineffektive Methoden wie passives Wiederholen oder stures Auswendiglernen. Dabei fehlt die Verknüpfung mit Vorwissen und das aktive Abrufen des Gelernten. Zudem erkennen viele nicht, dass Lernen aus verschiedenen Phasen besteht, die jeweils unterschiedliche Techniken erfordern. Wenn das Gehirn keinen Sinn oder Zusammenhang erkennt, speichert es Informationen nur oberflächlich.

Wie kann ich effektiver Lernen?

Für effektives Lernen brauchst Du:
– Zwei Kernmethoden: Verstehendes Lernen und Aktive Wiederholung (z. B. durch Quizze)
– Sinnvolle Fragen, die Dich zum Nachdenken anregen
– Kleine Lerneinheiten satt Marathonsessions
– Die Fähigkeit, neues Wissen mit Deinem Vorwissen zu verknüpfen
– Visualisierungen von Zusammenhängen (Tipp: Sketchnotes sind Mind-Maps meist überlegen)
– Die Bereitschaft, Dich mit dem Thema effektives Lernen auseinanderzusetzen

Wie funktioniert Lernen in unserem Gehirn?

Unser Gehirn lernt, indem es neue Verbindungen zwischen Nervenzellen bildet. Es denkt in Zusammenhängen, nicht in isolierten Fakten. Wenn Du etwas Neues lernst und es mit bestehendem Wissen verknüpfst, entstehen neuronale Netzwerke. Besonders effektiv arbeitet Dein Gehirn, wenn Du Dir selbst Fragen stellst und die Antworten findest – dann belohnt es sich selbst und festigt die Verbindungen. Durch wiederholtes Abrufen (Active Recall) werden diese Verbindungen stärker. Je mehr Vorwissen Du hast und je mehr Emotionen und Sinne beteiligt sind desto leichter fällt es Dir, neue Informationen einzuordnen und zu behalten.

Quellen und weiterführende Literatur

Birkenbihl, V. F. (2011). Stroh im Kopf? Vom Gehirn-Besitzer zum Gehirn-Benutzer (19. Aufl.). GABAL.

Birkenbihl, V. F. (2014). Best of Birkenbihl: Alles, was man über das Denken und Lernen wissen muss. GABAL.

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Autor: Marian Zefferer, MSc.

Psychologe, Papa, NLP-Lehrtrainer & Autor von Bildungsimpuls.com. Dort lebe ich meine Vision, einen Beitrag für unser marodes Bildungssystem zu liefern, damit Lernen wieder geil wird und Bildung als das gesehen wird, was es ist: das geistige Gold der Gesellschaft.


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