Handyverbote an Schulen? Negative Auswirkungen der Smartphone-Nutzung auf Leistung, Konzentration und Motivation von Schülern.
Die Nutzung von Smartphones ist unter Schülern und Studenten nahezu allgegenwärtig und prägt das schulische sowie akademische Lernen maßgeblich. In diesem Artikel wird aufgezeigt, inwiefern die Nutzung von Smartphones negative Auswirkungen auf die Leistung, Konzentration und Motivation von Lernenden hat – insbesondere im Vergleich zu Personen, die weniger oder keine Smartphones verwenden.
Worum geht es
Mit einer Gerätebesitzrate von 98 % seit bereits 2019 bei Jugendlichen (JIM-Studie 2019) sind Smartphones fester Bestandteil des Alltags geworden und beeinflussen Kommunikations-, Spiel- und Lernverhalten signifikant (Schulze-Tammena, 2021). Während digitale Endgeräte Potenziale für individualisiertes Lernen bieten, mehren sich Hinweise auf Herausforderungen und mögliche negative Effekte, insbesondere bei intensiver Nutzung (Welling et al., 2016). Die Integration digitaler Medien in den Unterricht wird kontrovers diskutiert – zwischen Innovationsversprechen und tatsächlichen Auswirkungen auf die schulische Leistung, Konzentration und Motivation.
Infobox: Kernthese Die Digitalisierung des Bildungswesens führt nicht automatisch zu besseren Lernergebnissen. Im Gegenteil: Ohne durchdachtes pädagogisches Konzept schadet sie sogar – besonders bei leistungsschwächeren Schülern.
Fakten zur Smartphone Nutzung
- Verbreitung und Nutzungsintensität
- 98% der Jugendlichen besitzen ein Smartphone; digitale Technologien sind in nahezu allen Familien präsent (Schulze-Tammena, 2021).
- Bereits 2007 gab es einen signifikanten Anstieg um ein Drittel innerhalb weniger Jahre, was die Internet- und Computernutzung in der Freizeit von Studierenden angeht (Veselá & Baťa, 2007).
- Leistung und Kompetenzerwerb
- Intensive Nutzung von Tablets (und damit vergleichbar auch Smartphones) kann sich in 1:1-Settings nachteilig auf den Erwerb bestimmter fachlicher Kompetenzen auswirken (Welling et al., 2016).
- Es gibt Hinweise darauf, dass intensive Mediennutzung mit Herausforderungen für das Lernverhalten einhergeht (Schulze-Tammena, 2021; Welling et al., 2016).
- Konzentration
- Intensive Mediennutzung wird mit erhöhter Ablenkbarkeit und reduzierter Aufmerksamkeit in Verbindung gebracht (Welling et al., 2016).
- Kinder mit geringem Pflichtbewusstsein werden als leicht ablenkbar und schnell ermüdend beschrieben – ein Muster, das durch intensive digitale Mediennutzung verstärkt werden könnte (Ausserhofer, 2014).
- Motivation
- Intensive Nutzung digitaler Medien kann die Motivation zum Lernen beeinträchtigen, insbesondere wenn sie nicht pädagogisch eingebettet ist (Welling et al., 2016).
- Digitale Mündigkeit und Medienkompetenz wirken als Schutzfaktoren gegen negative Effekte, sind aber nicht flächendeckend vorhanden (Schulze-Tammena, 2021).
„Gerade den leistungsschwächsten Schülern schadet der Einsatz digitaler Medien am meisten.“ (OECD, 2015)
Handy-Nutzung und Leistung
Die Daten zeigen, dass die intensive Nutzung von Smartphones und Tablets im Unterrichtskontext nicht zu besseren Leistungen führt. Im Gegenteil, internationale Untersuchungen belegen, dass insbesondere in sogenannten 1:1-Settings (jedes Kind hat ein eigenes Gerät) der Erwerb bestimmter fachlicher Kompetenzen beeinträchtigt werden kann (Welling et al., 2016). Dies äußert sich beispielsweise darin, dass Lernende bei intensiver Mediennutzung weniger tiefgehende Kenntnisse in einzelnen Fächern erwerben als ihre Peers mit geringerer oder gezielterer Nutzung.
Handy-Nutzung und Konzentration
Die Fähigkeit zur Konzentration ist eng mit der Art der Mediennutzung verknüpft. Intensive Nutzung digitaler Endgeräte wird mit einer erhöhten Ablenkbarkeit assoziiert (Welling et al., 2016). Lehrkräfte beschreiben Kinder mit geringem Pflichtbewusstsein – ein Zustand, der durch ständige digitale Ablenkungen begünstigt werden kann – als leicht ablenkbar, schnell ermüdend und wenig ausdauernd (Ausserhofer, 2014). Dies deutet darauf hin, dass häufige Unterbrechungen durch Smartphone-Nutzung die Fähigkeit zur fokussierten Arbeit beeinträchtigen.
Handy-Nutzung und Motivation
Die Motivation zum Lernen kann durch die Art der Medienintegration beeinflusst werden. Während gezielte digitale Medienkompetenzförderung motivierend wirken kann, führt eine unreflektierte oder rein konsumorientierte Nutzung häufig zu Motivationsverlust (Welling et al., 2016; Schulze-Tammena, 2021). Die Entwicklung „digitaler Mündigkeit“ – also der reflektierte und selbstbestimmte Umgang mit digitalen Medien – ist noch nicht flächendeckend gegeben und stellt einen entscheidenden Schutzfaktor gegen Motivationsverlust dar (Schulze-Tammena, 2021).
Handyverbot an Schulen ja oder nein?
Die vorliegenden Daten zeigen ein klares Bild: Smartphones korrelieren mit negativen Effekten auf Leistung, Konzentration und Motivation. Die Alemannen-Schule – die auch eine Vorzeigeschule ist, was Digitalisierung angeht! – hat Smartphones bereits 2012 verboten, komplett. Besonders kritisch ist die Situation dort, wo digitale Endgeräte ohne pädagogische Einbettung genutzt werden. Im Gegensatz dazu zeigt sich auch: Beim Lesen von Büchern bleibt mehr Wissen hängen als beim Lesen vom Bildschirm (Clinton, 2019; Delgado, Vargas, Ackerman & Salmerón, 2018). Kürzlich gab es auch einen Aufruf von 75 Experten, die Smartphone freie Schulen fordern (Pädagogische Wende, 2025)
Zusammenfassung: Generelles Handyverbot an Schulen sinnvoll?
- Leistung: Intensive Smartphone- und Tablet-Nutzung mindert die schulische/akademische Leistung, insbesondere in Settings ohne pädagogische Steuerung oder bei reiner Konsumnutzung (Welling et al., 2016).
- Konzentration: Häufige Unterbrechungen durch digitale Endgeräte führen zu erhöhter Ablenkbarkeit und reduzierter Ausdauer beim Lernen (Ausserhofer, 2014; Welling et al., 2016).
- Motivation: Die Lernmotivation sinkt, vor allem bei unreflektierter oder übermäßiger Nutzung digitaler Medien. (Schulze-Tammena, 2021; Welling et al., 2016).
Ein Verbot wäre daher sinnvoll. In der sehr digitalen Alemannenschule existiert ein komplettes Smartphone Verbot. Die Kinder haben nur Zugriff zum Tablet – und auch dies kann eingeschränkt werden, je nachdem wie gut die Schüler integriert sind. Das Tablet selbst bietet keinen Zugang zu Social Media und Co.
Quellen
Ausserhofer, D. (2014). Auswirkungen von vorschulischen Übungen im Kindergarten auf die Leistung und Leistungsmotivation in der Grundschule (Magisterarbeit). Universität Wien. https://doi.org/10.25365/thesis.33741
Clinton, V. (2019). Reading from paper compared to screens: A systematic review and meta-analysis. Journal of Research in Reading, 42(2), 288–325. https://doi.org/10.1111/1467-9817.12269
Delgado, P., Vargas, C., Ackerman, R., & Salmerón, L. (2018). Don’t throw away your printed books: A meta-analysis on the effects of reading media on reading comprehension. Educational Research Review, 25, 23–38. https://doi.org/10.1016/j.edurev.2018.09.003
OECD. (2015). Students, computers and learning: Making the connection. https://doi.org/10.1787/9789264239555-en
Pädagogische Wende. (2025). 75 Experten: Digitale Bildungspolitik beenden – Smartphone-Verbot an Schulen aufheben. https://die-pädagogische-wende.de/75-experten-digitale-bildungspolitik-beenden-smartphone-verbot-an-schulen/
Schulze-Tammena, R. (2021). Wie kann Schule einen Beitrag zur Entwicklung „digitaler Mündigkeit“ bei Kindern und Jugendlichen leisten? Die Herausforderung der Schule als medienpädagogischer Lernort für Datenschutz und Datensparsamkeit. In Aufwachsen in überwachten Umgebungen (S. 237–254). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. https://doi.org/10.5771/9783748921639-237
Veselá, J., & Baťa, R. (2007). E-Learning in der Freizeit. Scientific Papers of the University of Pardubice – Series D. Faculty of Economics and Administration, 11, 158–165.
Welling, S., Brüggemann, M., & Anfang, G. (2016). Das Ende der Kreidezeit. Können Tablets und Smartphones Schule verändern? merz | medien + erziehung, 60(1), 6–8. https://doi.org/10.21240/merz/2016.1.7
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Autor: Marian Zefferer, MSc.
Psychologe, Papa, NLP-Lehrtrainer & Autor von Bildungsimpuls.com. Dort lebe ich meine Vision, einen Beitrag für unser marodes Bildungssystem zu liefern, damit Lernen wieder geil wird und Bildung als das gesehen wird, was es ist: das geistige Gold der Gesellschaft.
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